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Der "Tempel" am alten Mühlgraben mit "Weschbänk" ca. 1960
Foto: Erwin Schmidt
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Einige Exkursionsteilnehmer waren schon am Donnerstag, den 10. Juni, in
Marktleuthen angekommen, wo in diesem Jahr für die dreitägige Notthafft-Tour im
„Gasthof zum Goldenen Löwen" das Standquartier bereitet war. Am Abend nahmen
die bereits anwesenden Exkursionisten an einer Sitzung des Arbeiskreises für
Heimatforschung Marktleuthen teil, in dessen Mitte sie herzlich willkommen
geheißen wurden.
Am Freitag Vormittag gab es dann eine kleine Stadtführung durch Marktleuthen.
Der Ort hatte in den Jahren zwischen 1354 und etwa 1398 den Nothaften zu
Thierstein gehört. Die örtliche Tradition bringt ein Gebäude in der sogenannten
Mühlgasse als „Nothaftisches Burghaus“ mit der Familie in Verbindung. Um eine
hochmittelalterliche Befestigung (Turmhügel) dürfte es sich auch ursprünglich
beim sogenannten „Tempel“ gehandelt haben. Dieser sich über den ehemaligen
Mühlgraben und das einstige Überschwemmungsgebiet der Eger erhebende Hügel,
trägt heute eines der ältesten Gebäude Marktleuthens, in dem noch bis vor
wenigen Jahren der „Tempels-Schreiner“ lebte und arbeitete.
Gegen 12.00 Uhr waren auch die übrigen Exkursionsteilnehmer angekommen. Die
gemeinsame Mittagstafel erwartete uns in den Wappenfarben Gold (Gelb) und Blau
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Vor der Stiftskirche Waldsassen
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und nachdem wir uns bei angeregten Gesprächen trefflich gestärkt hatten,
starteten wir pünktlich um 13.15 Uhr mit dem Bus zum ersten Ziel des Tages:
Waldsassen.
Dort angekommen erwartete uns erst einmal eine nicht einkalkulierte
Überraschung. Da der Bus nicht mehr bis in die Nähe des Klosters fahren durfte,
sondern einen Parkplatz am Stadtrand aufsuchen musste, machten wir uns zunächst
einmal auf, zu einen 10minütiger Fußmarsch. Glücklicherweise war die Zeit
großzügig bemessen und wir kamen noch rechtzeitig zur Führung in die
Stiftsbasilika. Auf dem Klosterplatz trafen wir jedoch zunächst auf unsere
Freunde von der Gesellschaft Steinwaldia und auf wunderbare Weise fand auch
Herr Werner Pöllmann aus Markneukirchen, trotz des auf dem Klosterplatz
herrschenden Menschengewimmels, zu uns. Nun aber hinein in die Kirche, wo wir
eigentlich - gemäß unserer Anmeldung - mit einem eigenen Führer für unsere
Gruppe gerechnet hatten. So aber hieß es, wir sollen uns zu den zahlreichen
anderen „Führungswilligen“ gesellen, die schon in den vorderen Stuhlreihen des
Hauptschiffes Platz genommen hatten. Trotz der großen Gruppe, die der Führer
auf diese Weise zu bewältigen hatte, meisterte er seine Aufgabe zur allgemeinen
Zufriedenheit. Die Fragen, die wir ihm vielleicht wegen der vielfältigen
Beziehungen der Familie Nothaft zum Kloster hätten stellen wollen, beantwortete
uns die Exkursionsunterlage.
Als nächstes stand ein Besuch des Waldsassener Stiftlandmuseums auf dem
Programm, wo uns besonders ein angeblicher Nothaft-Grabstein interessierte. Wie
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Der vermeintliche Nothaft-Grabstein
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uns Museumsleiter Gläßl vor Ort berichtete, werde der stark abgetretene
Marmorgrabstein vom Volksmund mit der Familie Nothaft in Verbindung gebracht.
Diese Tradition hätte auch ein Heraldiker anhand des darauf erkennbaren Wappens
bestätigt. Dieses stark abgetretene Wappen lässt nun in der Tat eine
Dreiteilung durch einen aufgelegten Balken erkennen. Doch erhebt sich vor
diesem Balken ein deutlich sichtbarer, aufrecht nach Rechts schreitender Löwe,
der sich zwischen zwei Büffelhörnern als Helmkleinod wiederholt. Leider ist auf
der stark abgetretenen Grabplatte kein Buchstabe der Inschrift mehr erhalten
geblieben und auch unser „Haus-Wappenkundler“ Norbert Sack konnte das
dargestellte Wappen keiner Familie zuordnen. Allein soviel steht fest, dass es
sich dabei definitiv
nicht
um das Wappen der Familie Nothaft handelt und dass das Wappenschild seiner
Gestaltung nach nicht - wie auf der Objektbeschreibung ausgeführt - dem 14.
Jahrhundert, sondern dem späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert angehört.
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In der Waldsassener Klosterbibliothek
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Nachdem wir noch der aktuellen Sonderausstellung im Stiftlandmuseum über
Waldsassener Klosterkunst eine kurze Visite abgestattet hatten, drängte die
Zeit, da wir zu einer Führung in der Klosterbibliothek erwartet wurden. Dieses
barocke Kleinod mit den vom Waldsassener Künstler Carl Stilp geschaffenen
Atlanten, welche dem Besucher die verschiedenen Erscheinungsformen des Hochmuts
vor Augen führen (früher wurden sie mit verschiedenen Berufen der
Buchherstellung in Zusammenhang gebracht), war der krönende Abschluss unseres
Besuchs in Waldsassen.
Auf der Rückfahrt ins Innere des Fichtelgebirges machten wir noch einen kurzen
Abstecher zur Kappel auf dem Glasberg bei Waldsassen. Schon unter dem
Waldsassener Abt Daniel (1161 - 1194) war hier eine Andachtsstätte errichtet
worden. Infolge der sich zum Glasberg entwickelnden Wallfahrt entstand an
Stelle der hölzernen Kapelle bald ein steinernes Gebäude, das 1419 von den
Hussiten zerstört wurde. Nach der im Zuge der Einführung der Reformation
erfolgten Aufhebung des Klosters Waldsassen im Jahr 1571, verfiel auch das
Wallfahrtskirchlein auf dem Glasberg. 1684 - die Oberpfalz war im
Dreißigjährigen Krieg wieder katholisch geworden - kam es dann zu einem Neubau
der Wallfahrtskapelle. Der heutige Bau, ein zu Stein gewordenes Symbol der
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Bei Albrecht Nothaft auf Burg Thierstein
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heiligen Dreifaltigkeit, entstand in den Jahren 1682 bis 1689 nach Plänen des
in dieser Zeit auch in Waldsassen tätigen Baumeisters Georg Dientzenhofer.
Den krönenden Abschluss des Tages bildete der Empfang bei „Albrecht Nothaft“
auf der Burg
Thierstein.
Dort begrüßten uns der historisch gewandete Burgherr und seine Rittersfrau
(Evelin und Bernd Dormann) mit einer kurzen Ansprache und einem echten
„Thiersteiner Burggeist“ als Begrüßungstrunk. Bürgermeister Willi Heinl hieß
uns im Namen der Gemeinde willkommen, erinnerte an unseren ersten Besuch in
Thierstein 1998, als sich Baronin Marie Therese v. Notthafft ins Goldene Buch
des Marktes Thierstein eingetragen hat und berichtete von den umfangreichen
Sanierungen, welche zur Sicherung der Burgruine Thierstein für die nächsten
Generationen gerade in den letzten Monaten notwendig waren. Kulturreferent
Reinhard Kaiser ließ dann die Geschichte der vor 1340 von Albrecht XI. Nothaft
als Verwaltungsmittelpunkt des von ihm zu verwaltenden Egerer Reichsforstes
gegründeten Burg Thierstein Revue passieren. Nachdem wir uns für diesen
herzlichen Empfang bedankt hatten, verging die Zeit mit angeregten Gesprächen
und einer ausgiebigen Burgbesichtigung wie im Fluge. Besonders beeindruckte das
vom verstorbenen Bürgermeister Friedemann Kiesel und der Thiersteiner
Armeitsgemeinschaft Heimatkunde eingerichtete "Turmmuseum“ im Bergfried.
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Die Wiesenburg von Schönau aus
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Am Samstag Morgen brachen wir um 8.30 Uhr auf, um auf dem schnellsten Weg zu
der südlich von Zwickau gelegenen Wiesenburg zu fahren. Nach dem Verkauf von
Thierstein hatte Peter Nothaft von Thierstein, einer der drei Söhne des bereits
genannten Albrecht XI., die Herrschaft Wiesenburg 1398 von Markgraf Wilhelm I.
von Meißen an Zahlungsstatt zu Lehen erhalten. Sein Sohn Gilg veräußerte die
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Die beiden vorderen Schloßflügel
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Burg 1417 Günter von der Planitz.
Im Zwinger vor dem Torturm der Wiesenburg begrüßte uns Herr Rudolf Schmidt, ein
Fabrikant aus der Gegend von Augsburg, der die Burg 1992 erworben hatte. Die
heutige Anlage wird geprägt von den beiden 1664, im Obergeschoss in Fachwerk
aufgeführten Schlossflügeln im sogenannten vorderen Burghof. Die feldseitigen
Mauern dieses Gebäudes sind jedoch mit Sicherheit älter und der Torturm, sowie
sein heute nur noch als Ruine vorhandenes Pendant am nordöstlichen Ende der
nach Süden gerichteten Schildmauer, weisen auf eine Entstehung nach der Mitte
des 15. Jahrhunderts hin.
Das älteste Gebäude innerhalb der Burg bildet der, ehemals den Zugang zum
hinteren Schlosshof (der ehemaligen Hauptburg) deckende, wohl um 1300
entstandene runde Bergfried. Der rund 17 Meter hohe Turmstumpf ist aus
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"Palas" und Bergfried der Wiesenburg
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Bruchsteinen gemauert und zeigt im letzten Drittel einen Kranz von viereckigen
Balkenlöchern, die eventuell auf einen ehemals vorhandenen vorkragenden Umgang
in diesem Bereich schließen lassen. Das Innere des Turmes ist über einen Anbau
von dem benachbarten ehemaligen Palasgebäude zu betreten und weist eine moderne
Treppenanlage auf. Ansonsten ist das Areal der ehemaligen „Hauptburg“ bis auf
einige moderne Garagen heute unbebaut und mit Gras bewachsen.
Das dem Turm benachbarte Gebäude entstand 1866 an Stelle des mittelalterlichen,
in der Renaissancezeit erneuerten Palasbaues und ist gegenwärtig, ebenso wie
die übrigen Bauten der Wiesenburg, größtenteils leerstehend. Wie uns Herr
Schmidt, der heutige Burgherr berichtete, lebt er seit der Erwerbung des
Burgareals wegen der Wasserversorgung der Schlossgebäude in ständigem Streit
mit der Gemeindeverwaltung: Ohne eine moderne Sanitärinstallation und
Wasserversorgung ließen sich die Räumlichkeiten jedoch nicht nutzen.
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Die Kirche St. Rochus in Schönau
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Schönau: Blick in das Innere der Kirche
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Nachdem wir uns bei Herrn Schmidt für seine Ausführungen und den gewährten
Einblick in seine interessante Burganlage bedankt und seinen enormen Idealismus
bei der kostspieligen Erhaltung und dem Ausbau derselben entsprechend gewürdigt
hatten, wandten wir uns der Kirche im benachbarten Schönau zu, wohin die
Wiesenburg pfarrlich gehört. Hier empfing und Pfarrer Richter, der uns über die
Geschichte und Ausstattung seiner Kirche informierte. Das älteste Bauteil
bildet der - gewissermaßen als „Westwerk“ - die gesamte Breite des Schiffes
einnehmende romanische Kirchturm, welcher der Kirche ein recht eigentümliches
Aussehen verleiht. Die Arkadenfenster und das neuromanische Portal, welches in
die Portalvorhalle im Erdgeschoss Turmes führt, entstammen allerdings einem
Umbau des Kirchengebäudes im Jahr 1885. Langhaus und Chor wurden um 1490 neu
errichtet und 1755 erweitert. Die heutige Gestaltung mit schmucklosen
Holzbänken und einer dreiseitig umlaufenden, schlichten Holzempore, erhielt der
Innenraum der Kirche wohl ebenfalls im Zuge der Renovierung von 1885. Die Orgel
stammt aus dem Jahr 1823 und wurde durch den Orgelbauer Trampeli in Adorf
gefertigt. Die kunsthistorisch interessantesten Ausstattungsstücke sind die an
den Chorwänden angebrachten Skulpturen des Evangelisten Johannes, der hl.
Katharina, des hl. Jakobus d. Ä. und der hl. Barbara, sowie eine neben dem
Chorbogen an der östlichen Langhauswand angebrachte Muttergottes. Diese Statuen
entstanden im frühen 16. Jahrhundert und entstammen dem Figurenprogramm eines
spätgotischen Schnitzaltars. Nach dem 1889 von R. Steche erstellten
Kunstdenkmälerinventar der Amtshauptmannschaft Zwickau stammte ein damals im
Schloss Wildenfels aufbewahrter Schnitzaltar mit
„der geschnitzten Gruppe der h. Mutter Anna selbdritt“
im Mittelschrein, sowie der h. Maria Salome, einen Apfel haltend, und der
Maria Kleophae, eine Birne haltend, ebenfalls aus der Kirche in Schönau. Dieser
Altar, so berichtete Pfarrer Richter, stehe heute in der ebenfalls von ihm
betreuten Kirche zu Härtensdorf und sei ein um 1510 entstandenes Werk des
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Die Ruine des Wasserschlosses Mechelgrün
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Bildhauers Peter Breuer.
[Herr Frank Mempel ergänzt hierzu laut seiner freundlichen Mitteilung vom
10.01.2010: 1509/10 wurde von Peter Breuer der Altar für die damalige Hofkirche
der damals reichsunmittelbaren Herrschaft Wildenfels als Ersatz für ein altes
"Gnadenbild" geschnitzt. Die Kirche zu den Drei Marien in Härtensdorf war
damals eine kleine Regionalwallfahrtsstätte, das Städtlein Wildenfels (Sitz der
Herrschaft Wildenfels) war bis 31.03.1866 Filial von Härtensdorf; Schönau mit
seiner St. Rochus Kirche zählte von Härtensdorf aus schon zum "Ausland". Der
Altar von Härtensdorf wurde nach 1704 auf den Kirchenboden verbannt, 1860 vom
Kirchenpatron, dem Grafen von Solms-Wildenfels, kostenlos ausgeliehen und in
der Schloßbibliothek ausgestellt, 1936 vom Kirchenvorstand von Härtensdorf gem.
Leihvertrag wieder zurückgefordert, 1936 gesichert und restauriert, zu
Pfingsten 1936 wieder geweiht und 1996 - 2000 umfassend restauriert.]
Die vier kalligraphischen Tafeln mit Bibelsprüchen die
heute die Rittergutsemporen im Chor schmücken, stammen laut Pfarrer Richter aus
der Schlosskapelle in Wiesenburg.
Zum Mittagessen ging es nun in den unweit von der Schönauer Kirche gelegenen
Landgasthof Wiesenburg, wo allerlei regionale Spezialitäten auf der
Speisenkarte standen. Nach etwa 1 ½ Stunden waren wir soweit gestärkt, dass wir
die Weiterfahrt nach Mechelgrün antreten konnten. Hier trafen wir den
Ortschronisten Kurt Hager, der uns Herrn Prof. Dr. Holm Uibrig vorstellte. Den
Uibrigs gehörte das Schlossgut Mechelgrün bis 1945 und Herr Prof. Uibrig
erzählte uns vom Schicksal seiner Familie nach dem 2. Weltkrieg. Das
Wasserschloss Mechelgrün, 1948 teilweise abgebrochen und seit 1974 ohne Dach,
befand sich bis um die Mitte des 15. Jahrhundert in den Händen der Familie
Rabe. Johannes Rabe von Mechelgrün erwarb 1298 die Burg Wildstein, den
egerländischen Stammsitz der Familie Nothaft, von seinem Schwiegervater
Engelhard Nothaft. Seine Gemahlin Mechthild, eine geborene Nothaft v.
Wildstein, war die Stamm-Mutter der sich im Lauf der Jahrhunderte in mehreren
Linien über das Vogtland verzweigenden Familie v. Rabe.
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Epitaph der Margaretha Rab (+ 1567)
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Da wir uns in Mechelgrün, ob der interessanten Gespräche mit Herrn Prof. Uibrig
und Herrn Hager, etwas zu lange aufgehalten hatten, kamen wir mit halbstündiger
Verspätung in den Nachbarort Theuma, wo wir nun natürlich vor der
verschlossenen Kirchentür standen. Theuma ist seit 1267 der Pfarrort für
Mechelgrün; das Innere der Kirche, das uns leider unzugänglich blieb, ist von
manieristischen Formen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts geprägt. Das
kunsthistorisch bedeutendste Ausstattungsstück ist der im Jahr 1512 entstandene
spätgotische Schnitzaltar.
Da wir nicht ins Innere der Kirche vordringen konnten, nahmen wir uns die an
der Außenseite der Portalvorhalle angebrachten Grabplatten näher unter die
Lupe. Der älteste der hier angebrachten Grabsteine erinnert an die 1567
verstorbene Margaretha Rab, eine geborene v. Wolfersdorff, die mit Daniel Rab
auf Schloditz verheiratet gewesen war. Die übrigen Grabplatten gehören zu
Mitgliedern der Familie v. Tettau auf Mechelgrün und zwar zu Wilhelm v. Tettau
(+ 1584), dessen Ehefrau Catharina v. Tettau, geb. v. Zedtwitz, und deren
Kinder Adam (+ 1579 als Säugling von 33 Wochen), Anna Marie (+ 1587 im Alter
von 20 Jahren) und Katharina (+ 1592 als 22jährige). Die auf diesen Grabsteinen
abgebildeten, mit einem Balken überlegten Wappenschilder könnte man auf den
ersten Blick für Nothaft-Wappen halten, es handelt sich jedoch um die Wappen
der v. Zedtwitz und der v. Feilitzsch (außerdem noch die Wappen der v. Tettau
und v. Witzleben) und beziehen sich jeweils auf die väterliche bzw. mütterliche
Abstammung der Verstorbenen. Ein weiterer Epitaph kündet von Hans Friedrich v.
Tettau (+ 1586), einem Bruder Wilhelms v. Tettau.
Besonders ins Auge stach uns der Epitaph Adams v. Tettau, der auch von Pfarrer
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Epitaph des Adam v. Tettau (+ 1579)
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Garms in seiner 1935 gedruckten Chronik der Kirche zu Theuma ausführlich
beschrieben wurde:
„Auf dem Grabstein ist dargestellt eine auf einem Rasenstück liegende
Kindergestalt. Der rechte Ellbogen ist auf einen großen Totenschädel gestützt,
die linke Hand weist auf eine Sanduhr. Über dem Kinde erhebt sich ein Baum und
daneben ein Crucifix. Das Ungeschick des Bildhauers spricht deutlich aus dem
Werk. Der Körper des Kindes hat weibliche Formen, das Gesicht des am Kreuze
hängenden Christus vermochte er nicht seitwärts blickend darzustellen, so
erscheint der Christuskopf wie aufgeklebt, auch der Körper des am Kreuze
Hängenden zeigt weibliche Formen, die Arme sind unverhältnismäßig lang.
Die Deutung dieser eigenartigen Darstellung ist schwer. Man könnte es sich
einfach so erklären: Das daliegende Kind ist auf einen Totenschädel - als
Zeichen des Todes - gestützt und weist mit der Hand auf die Sanduhr - was
besagt, die Lebenszeit ist abgelaufen - aber über seinem Grab wächst der
Lebensbaum - ewiges Leben, das der sterbende Heiland am Kreuz gibt. Jedoch
scheint die Darstellung einen anderen Sinn zu haben. Vielleicht liegt der
Darstellung eine alte christliche Legende zugrunde: Die Gebeine des zu Golgatha
ruhenden Adam erwachen beim Kreuzestod Christi zum Leben. Das will erklären,
daß der am Kreuz sterbende Heiland die Sünde der Menschheit, beginnend vom
ersten Menschen Adam gesühnt hat. An Stelle des Urvaters ist in der Darstellung
das gleichnamige Kind „Adam von Tettau“ getreten. Im Bericht der königl. sächs.
Kunstkommission finde ich die Auffassung, daß die Grabplatte eine sehr seltene,
bemerkenswerte Darstellung des kleinen Heilandes als Nachfolger Adams und
dadurch Überwinder des Todes und der Sünde ist. - Jedenfalls ist dieser
Grabstein kunstgeschichtlich bedeutungsvoll.“
Um unsere Verspätung nicht noch weiter ausufern zu lassen, machten wir uns bald
auf den Weg nach Markneukirchen, wo zum Glück Werner Pöhlmann, der
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Markneukirchen vom Bismarckturm
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freundlicherweise für uns die Führung durch seine Heimatstadt übernommen hatte,
noch sehr geduldig auf uns wartete. Von der im Bereich einer Turmhügelburg
entstandenen Siedlung war noch 1378 bekannt, dass sie vordem „Nothaft“ geheißen
hatte. Demnach reichte die Kolonisationstätigkeit der Nothaft von Wildstein bis
in das Tal des „Schwarzbaches“, der lange Zeit die Nordgrenze des Bistums
Regensburg und des Egerlandes bildete. Den besten Beweis für die nordbayerische
Besiedlung im südlichen Zipfel des sächsischen Vogtlandes bildet der dort noch
bis heute gesprochene egerländische Dialekt. Mit dem Übergang von Wildstein an
die Familie Rabe von Mechelgrün wechselte auch das spätere Markneukirchen in
deren Besitz. Sein heutiges Aussehen erhielt die Stadt nach einer
Brandkatastrophe im Jahr 1840. An die seit dem Dreißigjährigen Krieg blühende
Tradition Marktneukirchens als Stadt der Musikinstrumentenmacher erinnert das
in einem der ältesten Gebäude des Ortes untergebrachte Musikinstrumentenmuseum.
Nach unserem Stadtrundgang genossen wir, trotz eines Regenschauers, vom
Bismarkturm den Blick auf Markneukirchen.
Den Schlusspunkt des ereignisreichen zweiten Exkursionstages setzten wir mit
einem Besuch im egerländischen Stammsitz der Familie Nothaft, der Burg
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In fröhlicher Runde auf Wildstein
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Wildstein (tschech. Skalná), nördlich von Eger. Von Herrn Miroslav Pumr, dem
Eigentümer der Burg, wurden wir persönlich empfangen. Unter seiner Regie wurde
die schon halb verfallene Burg in den letzten Jahren einer durchgreifenden,
denkmalgerechten Sanierung unterzogen. Seit 2001 ist in den Gewölben des
Erdgeschosses ein stilvolles Restaurant eingerichtet; die oberen Etagen harren
noch ihrer „Wiederbelebung“. In der ehemaligen Burgkapelle im Untergeschoss ist
ein kleines Museum mit verschiedenen, bei den Bauarbeiten aufgetauchten
Fundstücken zu sehen. Mit berechtigtem Stolz präsentierte uns Herr Pumr auch
seinen neu eingerichteten Weinkeller. Nachdem wir unser á la Card bestelltes
Abendessen bereits genossen hatten, brachte der Kellner mit besonderen
Empfehlungen des Chefs ein ganzes gebratenes Spanferkel an unsere Tafel. Obwohl
der Hunger bereits gestillt war, blieb von dieser unvermuteten Köstlichkeit,
welche die besondere Krönung des Abends darstellte, kaum etwas übrig. Voller
Freude und Dankbarkeit haben wir uns anschließend in das prächtig gebundene
Gästebuch der Burg Wildstein eingetragen. Baron von Bechtolsheim und Frau
Lamberts setzten mit ihren Siegelringen noch zwei originale Nothaft-Siegel
unter den Eintrag. Der notwendige Siegellack - von Karel Halla im silbernen
Esslöffel über der Kerze heißer Flamme persönlich geschmolzen - stammte
übrigens von zwei Flaschen aus dem Pumr'schen Weinkeller
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Das Hammergut Kaiserhammer
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Am Sonntag galt es dann die ehemals nothaftische Herrschaft Weißenstein in
näheren Augenschein zu nehmen. Fast 600 Jahre lang war die Gegend um
Poppenreuth und Friedenfels einst im Besitz der Familie Nothaft gewesen.
Zunächst aber ging es die Eger entlang, in deren Tal Albrecht XI. Nothaft von
Thierstein um 1350 vier „gewaltige Hämmer“ gegründet hat. Ob der Wendenhammer
schon zu diesen von Albrecht Nothaft gegründeten Werken gehörte, ist eher
fraglich. Erst 1767 gründete der Bayreuther Regierungsrat Petermann bei der
alten Wendenmühle ein Hammerwerk, das dann fortan als Wendenhammer bezeichnet
wurde. Der rund anderthalb Kilometer egerabwärts gelegene Kaiserhammer gehört
mit Sicherheit zu den vier „gewaltigen Hämmern“ im Egertal. Schon im 15.
Jahrhundert war das sonst auch als „oberer Hammer“ bezeichnete Hammergut im
Besitz der Familie Kaiser und erst nach dem Dreißigjährigen Krieg kam es im
Wege der weiblichen Erbfolge an andere Familien. Neben dem stattlichen
Hammergut interessierten in Kaiserhammer noch die Reste des im 18. Jahrhundert
unter dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth entstandenen
Jagdschlosses.
Mit Kaiserhammer zu einer langgestreckten, heute zur Marktgemeinde Thierstein
gehörenden Siedlung verschmolzen, ist der durch größtenteils stillgelegte und
dem Verfall preisgegebene Industrieanlagen (ehem. Porzellanfabrik) geprägte Ort
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Der Herrgottstein bei Hendelhammer
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Schwarzenhammer. Das - von Kaiserhammer kommend - unmittelbar vor der
Industrieruine gelegene ehemalige Hammergut versteckt sich hinter einer hohen
Baumhecke. Hier waren ebenfalls vom 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts
Glieder der Familie Kaiser als Hammermeister tätig. Der Name „Schwarzenhammer“
erscheint erstmals zu Beginn des 17. Jahrhunderts; vorher hieß die Örtlichkeit
schlicht und einfach „Hammer an der Eger“.
Beim vierten von Albrecht Nothaft gegründeten Hammerwerk handelt es sich um den
Hendelhammer“. Das auch als „Blechhammer“ oder „unterer Hammer“ bezeichnete
Werk kam 1497 in den Besitz von Heinrich Hendel, von dem sich der Name
ableitet. Der Hendelhammer liegt an der alten Straße von Thierstein nach Selb
(sog. Eisenstraße), die hier die Eger mittels einer von Markgraf Friedrich
Christian (Initialen FCMZB) 1763 errichteten steinernen Brücke überquert. Von
der Brücke etwa 500 Meter weit bergan steht westlich der alten Selber Straße
der sagenumwobene Herrgottstein. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden unter
dem Stein im Jahr 1969 neben menschlichen Knochen auch jung- bis
spätneolithische Steingeräte gefunden, die den Schluss nahelegen, dass es sich
bei dem künstlich hier aufgestellten (der Felsblock ruht auf einem Fundament
von mehreren kleineren Steinen, die ihn in die gewünschte Lage brachten)
Granitfindling um einen jungsteinzeitlichen Opferplatz handelt.
Südlich von Hendelhammer überwindet die alte Selber Straße den in Richtung
Thierstein gelegenen Höhenzug in mehreren parallel verlaufenden Hohlwegen, die
als Beispiel der VerVerkehrsführung einer Altstraße besondere Beachtung fanden.
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Der Weißenstein im Steinwald
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Nach diesem kurzen Ausflug ins „Tal der Hammerwerke“ ging es nun über die
Autobahn, Marktredwitz und Poppenreuth und dem Parkplatz beim Marktredwitzer
Haus hinauf zum Weißenstein im Steinwald. Auch wenn die Burg
Weissenstein
schon im 15. Jahrhundert nur mehr
selten von den Nothaften selbst bewohnt war und um die Mitte des 16.
Jahrhunderts dem Verfall preisgegeben wurde, so war doch die Herrschaft
Weissenstein wohl der Besitz, der sich am längsten in den Händen der Familie
befunden hat. Von 1300 bis etwa 1350 durch die rührigen Thiersteiner Nothaft
von verschiedenen Vorbesitzern erworben, blieben Burg(ruine) und Herrschaft
Weißenstein - mit kurzer Unterbrechung im 16. Jahrhundert - bis 1882 im
Familienbesitz. In den Jahren 1997 bis 2002 wurden die bis dahin stark
einsturzgefährdeten Überreste der Burgruine Weißenstein durch den Eigentümer,
Baron Eberhard v. Gemmingen-Hornberg, in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft
Steinwaldia Pullenreuth e. V. einer durchgreifenden
Sanierung
unterzogen. Schon 1998 und 2001 war der
Weißenstein ein Ziel bei unseren Notthafft-Exkursionen gewesen. Nun konnten wir
das Ergebnis sechsjährigen Weißensteinsanierung begutachten, in deren Zuge die
Mauern der Burganlage flächig freigelegt und die Burg so für den Besucher
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Im Schlosspark zu Friedenfels
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erlebbar gemacht wurde. Besonders gelobt wurde im Jahr der EU-Osterweiterung
auch der neugestaltete Informationspavillon mit deutsch-tschechischer
Beschriftung.
Nach der Besichtigung des Weißensteins ging es zum Mittagessen in die
Schloss-Schänke Friedenfels. Danach standen ein Spaziergang im Schlosspark
Friedenfels und ein Besuch im
Notthafft-Friedhof
auf dem Muttergottesbühl auf dem Programm. In
der Literatur erscheint wiederholt 1553 als das Jahr der Ersterwähnung von
Friedenfels. Johann Baptist Lehner (Am Grenzbach entlang, Krummennaab 1926, S.
162) bemerkt hierzu
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Christoph Nothafts Erker am Schloss Thumsenreuth
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„Zwar wird bereits 1553, den 30. Juni als ganz neue Siedlung Friedenfels
erstmals erwähnt und verkauft Hans v. Nothaft daselbst seinen von der Gemeinde
Gumppen bezogenen Getreidezehent um 110 fl. Landeswährung; ein fester Sitz
dürfte jedoch damals noch nicht entstanden sein.“
Die entsprechende Urkunde konnte bisher jedoch, trotz intensiver Nachsuche, in
den Archiven nicht ausfindig gemacht werden. Das Schloss Friedenfels entstand
in den Jahren 1586 bis 1588. Ein Wappenfries über dem zum Schlosspark gewandten
Eingangsportal weist Friedrich Sittig Notthafft v. Weißenstein als den Bauherrn
des Schlosses aus: In der Mitte links das Notthafft-Wappen, links daneben das
Wappen von Friedrich Sittig Notthaffts Mutter Agnes v. Wirsberg. In der Mitte
rechts das Wappen von Friedrich Sittigs Gemahlin Amalie Marschalk v. Ebneth,
rechts daneben wohl das Wappen von deren Mutter, die nach demselben aus der
Familie v. Rosenberg gestammt haben muss. Friedrich Sittigs Vater, Hans V.
Notthafft v. Weißenstein war nach Dresslin und den anderen alten
Familienchronisten zweimal verheiratet: Auf der linken Schmalseite des Erkers
ist das noch farbig tingierte Wappen der Wirsberger erkennbar (Agnes von
Wirsberg) - das andere Wappen ist hinter einem beim Umbau von 1900 angefügten
Wandpfeiler versteckt, mag aber das Notthafft-Wappen gewesen sein. Auf der
rechten Schmalseite erscheint neben dem Notthafft-Wappen das der Familie
Waldenfels, welches auf die aus dieser Familie stammende erste Gemahlin Hans V.
Notthaffts hinweist.
Das letzte Ziel der Notthafft-Exkursion 2004 war Thumsenreuth, wo wir zunächst
dem Gemeindefriedhof und dem daneben liegenden Lindenfels-Friedhof einen Besuch
abstatteten. Schon Johann Baptist Lehner berichtete 1926 von historischen
Grabsteinen, die als Abdeckung der Thumsenreuther Friedhofsmauer seit langer
Zeit langsam vor sich hin verwittern. Trotz mehrmaliger Versuche, das Landesamt
für Denkmalpflege und die Gemeinde Krummennaab, als Eigentümerin des
Friedhofes, zur Bergung der Grabplatten, wovon eine mit einem Notthafft-Wappen
geziert ist, zu bewegen, hat sich bisher in dieser Angelegenheit nichts getan.
Daneben standen noch Visiten in den beiden Thumsenreuther Kirchen und ein Blick
zu Christoph Notthaffts Erker am Schloss auf dem Programm. Näheres hierzu ist
in der Nachlese zur
Notthafft-Exkursion 1998
zu finden.
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