1. Besuch in Wernberg 1991
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Burg Wernberg 1991
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Südöstlich des gleichnamigen, zwischen Weiden und Nabburg in der
Oberpfalz
gelegenen Ortes, auf der Anhöhe eines Berges, liegt die Burg Wernberg.
Vom Tal
kommend durchquert man zunächst die dem eigentlichen Kernschloß
südlich
vorgelagerte ehemalige Vorburg. Das einstige Ökonomiegebäude
(Haus-Nr. 83 -
"beim Schloßbauern) , das "alte Forsthaus" (Haus-Nr. 86)
und der "alte
Getreidekasten" (Haus-Nr. 88) wurden wohl im Laufe des 18. Jahrhunderts zu
privaten Wohn- und Wirtschaftsanwesen umgestaltet. Der Zugang zum Schloß
verlief im Bereich der Vorburg einst anders als heute: Von dem früher
zwischen
der Schloßökonomie und dem "alten Forsthaus" gelegenen
Tor der Vorburg führte
der Weg geradewegs auf eine der Kernburg im Osten vorgelagerte - heute noch in
Ruinen vorhandene - Vorbefestigung, die durch einen Graben von der Vorburg
getrennt war. Der durch die Vorburg leitende Weg orientiert sich genau auf
einen aus dieser Vorbefestigung in östlicher Richtung ausspringenden
Mauerabschnitt. Es scheint, als ob es sich bei dieser Vorbefestigung um eine
ältere, kleine Vorburg handeln würde. In dem vorspringenden Mauerteil
sehe ich
den Rest des Torgebäudes dieser Vorburg, die über den erwähnten
Graben von der
größeren (jüngeren?!) Vorburg aus durch eine Brücke
zugänglich war. Diese
kleine Vorbefestigung wurde jedoch aufgegeben und war im 19. Jahrhundert und
wahrscheinlich auch schon im Jahrhundert davor nurmehr eine Ruine. Nach dem aus
der Mitte des 19. Jahrhunderts stammenden Urkatasterblatt bog die Zufahrt zum
Schloß südwestlich des Anwesens Haus-Nr. 82 nach Westen ab,
überquerte den
erwähnten, der kleinen Vorburg vorgelagerten Graben mittels einer
Brücke, um
dann durch einen Zwinger (mittleres Tor!?) zum sogenannten
"Amarellenhäusl"
(Haus-Nr. 87), dem ehemaligen Pförtnerhaus vor der Zugbrücke, zur
Hauptburg zu
führen.
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Schloßhof 1991
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Das Kernschloß ist ringsum von einem tiefen, gefütterten Graben
umgeben, der
auch die Ruine der kleinen Vorburg von demselben trennt. Der Zugang führt
vom
erwähnten "Amarellenhäusl" über eine Brücke zum
Torhaus der Burg. Auf der
Binnenseite der Zugbrücke ist auf dem Urkatasterplan ein weiteres, kleines
(Gatter-?) Tor eingezeichnet. Das Torhaus weist zwei Portale auf. Ein
großes,
stichbogig geschlossenes Tor und südöstlich davon eine spitzbogige
Fußgängerpforte. Über dem großen Torbogen spannt sich ein
leider nur teilweise
vom Putz befreiter Wappenfries mit paarweise angeordneten Wappenreliefs. Diese
entstanden, der Form der Wappenschilder nach zu urteilen, wohl im 13.
Jahrhundert. Da es sich bei diesen Wappensteinen jedoch augenscheinlich um
Spolien handelt, sind sie als Indiz zur Datierung des heutigen Torbaues nicht
brauchbar.
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Wappenspolie im Erdgeschoß, Nordflügel, 1991
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Ein Nothaftwappen fällt auf ihnen übrigens nicht auf. Nach dem
Eintritt in die Torhalle öffnet sich rechter Hand, unmittelbar hinter der
Frontmauer, ein heute (auch früher?) zur Durchfahrt hin offener Raum mit
zwei
Fensteröffnungen, die Sitznischen aufweisen. In beiden
Fenstergewänden sind
noch die Nuten erhalten, die einst zum Einlegen (Einklemmen) der
Fensterscheiben dienten. Es handelt sich hier wohl um die ehemalige
Torwartsstube.
Nach dem Durchschreiten der Torhalle gelangt man in den etwa trapezförmigen
Innenhof. Im Südosten erhebt sich der sich auf annähernd
quadratischem Grundriß
errichtete und sorgfältig behauenen, zum Teil bossierten Quadern gemauerte
Bergfried, der mit einem Zeltdach versehen ist. Dem Nord-Ostflügel ist im
ersten Stockwerk ein Arkadengang vorgeblendet, der auch um die schmale Ostseite
führt. Dieser Gang stützt sich im Bereich des Erdgeschosses auf hohe
Bögen.
Diese Erscheinungsform weist auf die Entstehung dieser Arkaden in der
Renaissancezeit hin. Zwischen einem dieser Bögen findet sich im
Erdgeschoß des
Nord-Ostflügels eine Tür, über der - als Spolien - ein
Wappenpaar angebracht
ist. Das Rechte dieser Wappen könnte ein nothaftisches oder ein
leuchtenbergisches sein.
Etwa in der Mitte des Burghofes vermittelt eine Brücke den Übergang
vom
Süd-Westflügel zum Arkadengang des Nord-Ostflügels. Im
Süden führt ein
halbrunder Treppenturm mit Wappentafel über dem Eingang auf diesen
Übergang.
Auf der Westseite des Innenhofes erhebt sich die in barocker Form errichtete
Schloßkapelle. Nördlich derselben befindet sich nochmals ein enger,
freier
Platz mit dem Tiefbrunnen der Burg. Von hier aus vermittelt eine Pforte den
Zugang zu einem um die Nord-Ostseite der Burg verlaufenden Zwinger. Das sich
über der Torhalle befindliche Geschoß ist, ebenso wie das 1.
Stockwerk des
westlich daran anstoßenden Gebäudes aus Riegelwand errichtet. Davor
befindet
sich eine hölzerne Veranda.
Der Allgemeinzustand der Burg ist leider als sehr schlecht zu beschreiben, da
sie seit über 10 Jahren als Asylantenwohnheim dient und zur Erhaltung
dieses
historischen Gebäudes seitens der Besitzer kaum etwas unternommen wird.
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2. Besuch in Wernberg 1993
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Wernberg - Palasruine 1991
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Die
Verhältnisse auf der Burg Wernberg haben sich zwischenzeitlich grundlegend
geändert. Das Gebäude samt Umgriff war von der Gemeinde
Wernberg-Köblitz
erworben worden und die Asylanten hatten das historische Bauwerk geräumt,
so
daß diesmal auch eine umfassende Innenbesichtigung durchgeführt
werden konnte.
Zunächst stand aber eine Inaugenscheinnahme der Aussenfassaden der
Burggebäude
auf dem Programm, weswegen der auf dem feldseitigen Grabenrand zu zwei Dritteln
um die Burg herumführende Weg beschritten wurde. Dabei ist auf der
Westseite
ein neoromanisches Arkadenfenster zu entdecken. Nördlich neben dem
Bogenfenster zeigte sich in der teilweise vom Putz entblößten Mauer
eine
Baunaht, welche die hier durch ein "Ochsenaugenfenster" beleuchtete
Schloßkirche vom benachbarten Wohnbau trennt. Das ursprüngliche
Bruchsteinmauerwerk erweist sich an vielen Stellen mit Ziegeln ausgebessert;
einige vermauerte Öffnungen und ein niedriges Fenster im Bereich der
Grabensohle (mit Ziegelwölbung) lassen hinter der Mauer einen Keller
vermuten.
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Wernberg - Altes Torhaus 1991
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Die
Zwingermauer auf der Nordseite ist in jüngster Zeit für den Einbau
einer in
den Graben führenden Pforte durchbrochen worden; zu diesem Schluß
führt der
hier sehr eklatant ins Auge springende Beton, der zum Schließen der durch
den
Türeinbau entstandenen Bresche benutzt wurde.
Der dahinterliegende Wohnbau zeigt sich flächig verputzt, dennoch
erscheint das
2. Obergeschoß nachträglich
aufgesetzt; der nordöstliche Giebel ist oben durchgängig mit Ziegeln
gemauert.
Die Ostecke des Nordflügels ist ruinös, das vom Putz
entblößte Gemäuer ist aus
Bruchsteinen gemauert und vielfach mit Ziegeln ausgebessern. Besonders
interessant ist eine bogenförmige Öffnung (Ausgang zu einem ehem.
Aborterker?),
dessen ausgebrochenes Mauerwerk auf der einen Seite durch ein Stück von
einen
alten "Zugbaum" mit hölzerner Umlenkrolle ersetzt wurde. Ein
besonders
interessanter Befund ergab sich an der östlichen Außenwand des
Ostflügels. Hier
springt das Mauerwerk um einige Meter nach Osten vor. Aus der Außenwand
ragen,
in Richtung zu der schon beim letzten Besuch als ehemalige Vorburg
angesprochenen Ruine, vier Kragsteine aus der Mauer. Diese scheinen als
Widerlager für eine große Zugbrücke und für eine
"Fußgängerzugbrücke" gedient
zu haben, so daß es sich hier wahrscheinlich um einen älteren Zugang
(Torhaus)
zur Burg zu handelt.
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Wernberg - Kirche 1991
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Im
Inneren der Burg interessierte uns zunächst die Kapelle; diese befand sich
wohl fast genau in demselben Zustand, wie sie der Pfarrer beim letzten
Gottesdienst vor ungefähr 30 Jahren verlassen hatte. Sogar die angebrannten
Kerzenstummel standen noch in den Leuchtern auf dem Hochaltar. Die Einrichtung
entspricht noch der Beschreibung im Kunstdenkmälerband von 1910 (F. Mader:
Bezirksamt Nabburg): "Hochaltar: Gefälliger Rokokoaufbau mit
geschwungenen
Streben und dreiviertellebensgroßen Holzfiguren. Um 1760-1770." Die
um 1500
datierte Madonna mit Kind befindet sich heute im Herzen des Seitenaltars - zu
ihren Füßen sind in einem verglasten ovalen Feld Orden aus dem II.
Weltkrieg,
wohl als Votivgaben, angebracht. Vor dem Hochaltar, auf dem Boden stehend, eine
den hl. Georg darstellende Holzfigur; neben der Eingangstür ist eine
weitere,
den hl. Christoph darstellende Statue an der Wand befestigt. Beide Figuren um
1520. Unter dem hl. Christoph steht ein ebenfalls sehr alt anmutender
Opferstock und gegenüber ein in den Formen des Manierismus gehaltener
Paramentenschrank aus dem frühen 17. Jahrhundert. An der Nordwand findet
sich
ein runder Gewölbeschlußstein mit dem Antlitz Christi eingemauert.
Dieser wird
im Kunstdenkmälerband dem 14. Jahrhundert zugeschrieben und ist ein Teil
des
Gewölbes der Vorgängerkirche, also ein Relikt aus der Nothaft-Zeit.
Der
Verbindungsbau zwischen der Burgkapelle und dem Südflügel
enthält eine
recht modern anmutende Treppenanlage. Der übrige Erdgeschoßbereich
des
Südflügels ist gewölbt; der Anbau mit dem
Fachwerk-Obergeschoß zwischen der
Torhalle und dem Südflügel enthält im Erdgeschoß eine
Holzbalkendecke mit
Unterzug. Das Obergeschoß zeigt im westlichen Teil verputzte Decken; die
übrigen Räume der Geschoßfläche weisen Holzbalkendecken
auf. In dem über der
Tordurchfahrt gelegenen, direkt an das Mauerwerk des Bergfrieds stoßenden
Raum
steht ein großer, weiß gestrichener Einbauschrank. Dahinter
führt eine Tür in
das Obergeschoß des heutigen Torhauses, dessen Räume modern
verändert
erscheinen. Ein Gang führt hier in den südöstlich des Bergfrieds
gelegenen
Treppenturm, der eine sehr abenteuerliche Holztreppe enthält. Diese
stiegen wir
hinauf in das 2. Obergeschoß des Ostflügels (altes Torhaus), welches
modernisierte Wohnräume enthält. Von hier führt ein schmaler
Gang zwischen der
südlichen Außenmauer und der Mauer des Bergfrieds auf den Dachboden
des
Südflügels von dem aus der Eingang des Bergfrieds zu erreichen ist.
Dieser
besitzt ein rundbogiges Türgewände; in dem dahinterliegenden
Riegelkanal konnte
ein alter hölzerner Türriegel festgestellt werden. Im
Dachbodenbereich sind
noch die Reste einer zinnenartigen Bekrönung der Außenmauer, sowie
Brandspuren
zu entdecken.
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Balkendecke im Südflügel 1993
Eingang zum Bergfried
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Den
Zugang zu den Räumen im Erdgeschoß des Nordflügels vermitteln
teilweise
spitzbogig gewändete Türen. Die Räume des Erdgeschosses wurden
jedoch zum Teil
wohl erst in jüngster Zeit baulich verändert und beispielsweise als
Heizungskeller adaptiert. Der östliche Bereich des Nordflügels ist,
wie bereits
erwähnt, eine Ruine.
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Gewölbe im Ostflügel 1993
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Im 1. Obergeschoß fanden sich durchwegs verputzte Decken,
teilweise sogar mit Rahmenstuck. Das 2. Obergeschoß ist wohl erst im 20.
Jahrhundert aufgestockt worden.
Im Osten des Burghofes vermittelt eine Tür den Eingang zum Ostflügel
der Burg.
Hier kommt man in den Erdgeschoßbereich des "alten Torhauses".
Eine vermauerte
Tür mit einem nachträglich eingebauten Fenster führte linker
Hand auf den
Zwinger, der auf der Nordseite der Burg herumläuft. Leider war es hier sehr
dunkel, so daß es unmöglich war weitere Befunde festzustellen,
welche die
Theorie erhärtet hätten, daß es sich bei diesem Bereich um
einen ehemaligen
Zugang zur Burg gehandelt hat. Rechter Hand führte wiederum eine Tür
in den
abenteuerlichen Treppenturm.
Das 1. Obergeschoß des Ostflügels erreichten wir über den
Arkadengang auf der
Nordseite des Schloßhofes. Dasselbe besteht aus einem finsteren
tonnengewölbten
Raum, auf dessen Südseite eine halb vermauerte Tür in den benachbarten
Treppenturm führt.
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3. Besuch in Wernberg 1998
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In
den vergangenen fünf Jahren hat die Burg Wernberg von der Gemeinde Wernberg
und dem Elektronik-Konzern Conrad eine umfassende - und soweit wir Einblick
nehmen konnten, auch denkmalpflegerisch vertretbare Sanierung erfahren. Die
alte Nothaft-Burg wurde zu einem exklusiven Romantik-Burghotel mit einem
Restaurant für gehobene Ansprüche umgestaltet.
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Burg Wernberg 2001
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Die im Vorfeld der Sanierungsmaßnahmen durchgeführten
Bauuntersuchungen haben
unsere Theorie von dem älteren Torhaus auf der Ostseite des
Burggebäudes
bestätigt. Im Obergeschoß dieses Ostflügels hatte man die Reste
einer wohl
spätmittelalterlichen, aus Putz modellierten Fassadenverzierung entdeckt
und in
der historischen Farbigkeit (?) rekonstruiert. Vor der
Fußgängerpforte des
heutigen Torhauses wurde eine Zugbrücke nachgebaut. Ein Besuch der
ansprechend
renovierten Burgkapelle ergab, daß die am Seitenaltar noch 1993 angebracht
gewesenen Orden aus dem 2. Weltkrieg inzwischen verschwunden waren.
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Wernberg - neues Torhaus im Jahr 2001
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Wernberg - altes Torhaus im Jahr 2001
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Der ehemalige Heizungskeller des Nordflügels hatte sich in eine stilvolle
Hotellobby verwandelt. Leider gingen bei der Erweiterung des Einganges zu einer
groß dimensionierten Glastüre auch die hier einst als Spolien
über der alten
Tür eingemauert gewesenen Wappensteine verloren; ob sie irgendwo
eingelagert
sind, konnte uns niemand sagen!
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Wernberg - Burghof 2001
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Wappenchronogramm an der Decke
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Im Südflügel, dem im Grabenbereich ein Wintergarten vorgebaut wurde,
befinden
sich heute die Küche und die Gasträume der Restaurants. Die
Holzbalkendecken im
Obergeschoß wurden renoviert; beim Abbruch einer später eingebauten
Zwischenwand kam im sogenannten "Fürstensaal" die Jahreszahl
1478 mit einem
Nothaft-Wappen darunter zum Vorschein. Der Keller unter dem Südflügel
wurde zu
einem urigen Gastraum umgestaltet. Besonders gemütlich erschien uns die mit
einer schönen Holzbalkendecke versehene Stube neben dem Torgang, die als
"Bierwirtschaft" für den einfachen Burgbesucher genutzt wird.
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Harald Stark, Juni 2001
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