Wappen Notthafft Familie Notthafft
Caspar III Notthafft v. Wernberg,
der Münchener Turnierheld von 1568
Unzählige Schaulustige warten jeden Tag um 11.00 Uhr, 12.00 Uhr und im Sommer auch um 17.00 Uhr auf dem Marienplatz vor dem Münchener Rathaus, um das Glockenspiel am Rathausturm zu erleben. Der aus Kupfer getriebene zweigeschossige Spielerker ist dabei im Obergeschoss der Austragungsort eines
Der Marienplatz und das neue Rathaus in München (ca. 1925)
Der Marienplatz und das neue Rathaus in München (ca. 1925)
ritterlichen Turniers, während darunter der an schlimme Pestjahre und altes Handwerksbrauchtum erinnernde Schäfflertanz aufgeführt wird.
Ab 1867 entstand an Stelle des sogenannten Landschaftsgebäudes am Münchener Marienplatz in mehreren Bauabschnitten das im neugotischen Stil erbaute neue Rathaus der Bayerischen Landeshauptstadt. Die Bauarbeiten gingen ihrem Abschluss entgegen, als man 1904 mit dem Bau des repräsentativen Rathausturmes begann, der - gewissermassen zur Krönung des Bauwerks - ein Glockenspiel erhalten sollte.
Das im Obergeschoss des Spielerkers ausgetragene Ritterturnier, erinnert an die Hochzeit des späteren Herzogs Wilhelm V. von Bayern mit Renata von Lothringen im Jahr 1568, die als eines der "großartigsten und strahlendsten" Hoffeste gilt, die das 16. Jahrhundert gesehen hat. Auf einer bekränzten Bühne über dem "Turnierplatz" zeigt sich feststehend das fürstliche Brautpaar. Zu ihren Füßen ist der mit seinem Stab versehene Hofmarschall aufgestellt. Beim Turnier ziehen von beiden Seiten zwei schwer gepanzerte Ritter mit ihrem Gefolge auf den Turnierplatz. Der eine, in silberner Rüstung, gibt sich durch die schwarz-gelbe Schabracke auf seinem Ross als Lothringer zu erkennen. Der andere, goldgepanzerte Reiter, hat sein Pferd als bayerischer Edelmann, mit einer weiß-blauen Schabracke belegt. Bei einem zweiten Durchgang wird der lothringische Ritter durch einen angedeuteten Lanzenstoß des bayerischen Edelmannes aus dem Sattel gehoben und fällt dabei deutlich etwas nach hinten.
Georg Joseph v. Hauberrisser, der seit Baubeginn als Architekt für die Projektierung und künstlerische Ausgestaltung des neuen Rathauses verantwortlich war, gilt als Initiator des Glockenspiels und ließ sich bei der Gestaltung dieses Ritterspiels wohl durch zeitgenössische Beschreibungen und Kupferstiche, die von den Feierlichkeiten des Jahres 1568 in München berichten, inspirieren. 1
Zahllose Edelleute aus ganz Europa hatten sich damals auf den Weg nach München gemacht, um dem fürstlichen Brautpaar ihre Aufwartung zu machen. Unter den fürstlichen Räten des Herzogs Albrecht V. von Bayern war auch "Hanns Heinrich Nothafft von Wernberg zu Ahalming" 2 mit 3 Pferden - also drei Begleitern - der Einladung zur Hochzeitsfeier nach München gefolgt. Dort traf er sicher auf den Pfleger zu Rottenburg a.d. Laaber, "Burckhart Nothafft zum Podenstain", der ebenfalls mit 3 Pferden nach München gereist war. 3 Die Trauung fand am 22. Februar 1568 in der Münchener Frauenkirche statt. Bis zum 10. März wurde dann mit diversen Ritterspielen, Festschmäusen, Musik, Tanz, Theateraufführungen, Mummereien und Schlittenfahrten tüchtig gefeiert. Der Platz vor dem Landschaftshaus, der heutige Marienplatz, war als Schauplatz der Ritterspiele zur "Thurnier Pan" hergerichtet worden. Der eigentliche Turnierplatz war 143 Schritt lang und 51 Schritte breit, dick mit Sand aufgeschüttet und auf allen Seiten bis auf die Erde mit weiß gestrichenen Brettern "verschrankt", damit niemand hindurch schlüpfen konnte. An den Schmalseiten führte je ein jeweils 50 Werkschuh hoher, mit Wappen und Bildhauerarbeit geschmückter hölzerner Triumphbogen auf die Turnierbahn. 4
Für uns von besonderer Bedeutung ist der ebenfalls unter den Hochzeitsgästen weilende Caspar Notthafft v. Aholming. Schon beim Fußturnier am 25. Februar, bei dem jeder Teilnehmer seinen Gegner mit 3 Stößen mit dem Spieß und 5 Schwertschlägen attackieren durfte, hatte der unter den "Ertzknappen" kämpfende "Caspar Nothafft gegen Graff Carlen von Zollern ainen guten Spieß brochen / vnnd wol geschlagen". Die 18 "Erzknappen" waren in Bergmannskleidern zum Turnierplatz gezogen, "in weissen seiden hammatern, deren jeder in seiner hand ain wolgezierten helm trug, Ihnen folgten nach zehen mit vergulten Berckhämern. Vor inen war ein Berg geschoben von Ertz, artlich zugericht." 5 Besonderes Können und Geschick bewies der junge Caspar Notthafft jedoch bei dem am 2. März 1568 abgehaltenen "Kröndlgestäch". Massimo Troiano, der italienische Berichterstatter über die Münchener Fürstenhochzeit lässt seinen fiktiven Hochzeitsgast Fortunio (FOR) im
Kaiser Maximilians I. Renn- und Stechmeister Wolfgang von Bolhaim
Kaiser Maximilians I. Renn- und Stechmeister Wolfgang v. Bolhaim - am Brustpanzer der Rüstung sind unter dem rechten Arm deutlich der Rüst- und der Rasthaken erkennbar. (Aus Hans Burgkmairs Turnierbuch)
Zwiegespräch mit dessen Freund Marinio (MAR) über diesen Nachmittag folgendes berichten:
"Nachdem man zu Mittag gespeist hatte, hielt man ein deutsches Turnier, das nicht weniger zum Mitgefühl als zum Gelächter reizte.
MAR. Wie konnte es so gegenteilige Empfindungen auslösen?
FOR. Das will ich Euch sagen. Es ist ein Turnier ohne Regeln und Artikel, das in Deutschland nur bei ähnlich großen Festlichkeiten üblich ist. Zuerst und hauptsächlich waffnet sich der Ritter mit ganzer Rüstung und einem starken Panzerhemd. Der Helm ist so groß und ungefüge, daß man weder Hals noch Kopf erkennen kann. Und anstelle der Lanze hat er eine armdicke Stange, deren Vorderende eine dreigeteilte Spitze, das Krönlein, trägt, nicht scharf geschliffen, aber doch spitz genug, um einen Panzer zu brechen und Panzerhemden und Bauchreifen zu zerreißen. Selbst Giganten, die in Phlegra mit den Göttern kämpften, hätten, wären sie noch am Leben, diese Stangen nicht mit beiden Händen in der Luft halten können. Auf der Rüstung, unter dem rechten Arm, ist ein anderthalb Spannen langes Eisen angebracht, auf dem die Stange ruht, ohne daß der Ritter sie halten muß, und ehe das Pferd losrennt, hieven zwei Knechte diese dicke Stange mit aller Kraft und Geschicklichkeit auf diesen Rüsthaken. 6 Das Roß ist nicht nur mit einem festen Harnisch gerüstet, sondern auch Hals, Kopf und sogar die Augen sind mit starkem, gehärtetem Stahl geschützt, so daß das arme Tier wie blind daherstapft. Der Sattel ist sehr klein und nur zwei Finger hoch. Auf diese Weise gewappnet, zogen zwölf Ritter in die Bahn, die geschworen hatten, mit diesen Stangen, aber mit scharfen, wohlgeschliffenen Krönlein zu stechen. Solcher Art wollten sie aller Welt beweisen, daß sie im Dienst ihres durchlauchtigen hochgebomen Herzogs von Bayern das eigene Leben für nichts achteten.
MÄR. Und wer waren diese unerschrockenen Ritter?
FOR. Es waren alles Kammerherren und Edelleute des bayerischen Hofes. In folgender schöner Ordnung zogen sie ein. Zuerst sechs Trompeter, zweimal je drei, dann sechs Padrini zu je zweit, die mit großer Anstrengung die Stangen in der Hand trugen, mit denen furniert werden sollte. Allesamt waren sie
Das Kröndlstechen - Kupferstich aus dem Hochzeitsbericht Hans Wagners
Das Kröndlstechen - Kupferstich aus dem Hochzeitsbericht Hans Wagners (Schloßbibliothek Königswarth Sign. 25-A-14 [16700] fol. 77v)
einheitlich in weiß-dunkelblauen Atlas gekleidet; das sind die Farben des Hauses Bayern. Dann kamen, ebenfalls zu Fuß, zwölf Diener in denselben Farben. Als alle auf dem Turnierplatz waren, umschritten sie ihn zweimal und hielten dann an einem Ende der Bahn. Von dort kamen kurz darauf sechs andere gerüstete Ritter mit sechs Padrini, zwölf Trompetern und sechs Fußknechten, allesamt in die Farben der durchlauchtigen Braut gekleidet, die Ihr ja kennt, da ich sie Euch weiter oben schon mehrmals genannt habe. Als sie am Tor der Rennbahn angekommen waren, verließen die sechs Ritter, die zuerst gekommen waren, ihren Platz und beide Parteien gingen nun, einer nach dem anderen, aufeinander zu. In der Mitte trafen sie sich und bestätigten in einer kurzen Rede die Herausforderung, die sie zuvor getan hatten. Dann reichten sie einander die Hand, vergaben einander, falls einer den anderen aus Zufall töten sollte, und taten, als ob sie sich auf den Mund küßten. Nach dieser geziemenden Satisfaktion gingen sie mit ihren Padrini und Knechten auseinander. Sechs gingen auf die eine Seite, sechs auf die andere. Alle Trompeter traten nun vor und versammelten sich rechts von der Bahnmitte. Augenblicklich legten die Knechte die Stangen auf die Rüsthaken ihrer Ritter und eine Trompete gab das Signal zum Beginn des Kampfes. Beim ersten Rennen verfehlten sich die beiden Ritter; aber beim zweiten Mal trafen sie einander dergestalt, daß beide kopfüber von ihren Pferden auf die Erde stürzten. Zwei Trompeten bliesen mit lauten Mißtönen ein einfältiges deutsches Lied zum Spott der gestürzten Ritter, die mit ihren Körperlängen die Bahn ausmassen. Nachdem man ihnen wieder aufgeholfen hatte, rannten die nächsten beiden. Schon beim ersten Treffen landeten beide auf dem Kopf und strampelten mit den Beinen in der Luft, so daß sie aussahen wie Steckzwiebeln. Eine Weile verharrten sie in dieser Stellung und zwei Trompeten bliesen ihnen zum Schimpf ganz ungeschlacht die Bella Franceschina. 7 Nachdem nun jeder zweimal mit dem Rücken ausgemessen hatte, wie lang und wie breit die Rennbahn war, wobei einige verletzt wurden, nahmen sie Abschied und verließen paarweise die Bahn, um ihre Rüstungen und Waffen abzulegen.
Kaum waren sie verschwunden, als schon dreißig wohlberittene Ritter, schöner gerüstet und unterschiedlich gekleidet, mit ihren Padrini und zwölf Trompetern einritten. Zweimal umkreisten sie die Bahn und stellten sich dann in zwei Parteien zu je fünfzehn auf. Die Knechte legten ihren Rittern die Stangen in die Rüsthaken und eine Trompete forderte zum Rennen auf. Ich kann Euch bei meiner Treu' schwören, es war das Schönste und Wunderbarste, was sich ein Sterblicher zu sehen erhoffen kann: wie die Ritter beim Stechen mit großem Getöse alle gleichzeitig unfreiwillig die Beine in die Luft warfen und auf die Erde purzelten. Nur ein einziger hielt sich tapfer; im ganzen Getümmel hatte kein Ritter ihn aus dem Sattel heben können.
MÄR. Mir scheint, dieses Turnier war grausam für die Streiter und spaßig für die Zuschauer. FOR. So ist es. Doch ich versichere Euch, wer sich in diesem Krönleinstechen standhaft hält, der kann ruhig und sicher seine Lanze in jedem anderen gewöhnlichen Turnier brechen. MÄR. Hat sich, wer bei diesem wüsten, wilden Stechen auf die Erde geworfen wurde, nicht alle Knochen im Leibe gebrochen?
FOR. Ich habe nicht mitturniert und kann Euch das nicht sagen. Aber nach meinem geringen Urteil möchte ich meinen, daß es stärker schmerzte, von der Stange getroffen zu werden als vom Pferd zu fallen. Denn die ganze Bahn war so dick mit Stroh ausgelegt, daß man sich nur so weh tun konnte, wie wenn man in ein Bett fällt.
MÄR. Sei dem nun wie es wolle — ein nicht gefühlter Schmerz läßt sich nicht beurteilen. Sagt jetzt, was danach folgte.
FOR. Alle lagen am Boden und zur Ehre des Ritters, der allein im Sattel geblieben war, bliesen alle Trompeten zusammen zum Zeichen des Sieges. Wegen der schweren Rüstungen und weil sie anfangs wie betäubt waren, konnten die gestürzten Ritter nicht allein aufstehen. So liefen die Knechte herbei und richteten sie auf, als ob sie tot gewesen wären. Dann bestiegen die Ritter eine Bank von drei Stufen und schwangen sich von dort aus ohne Anstrengung auf ihr Roß und rannten wieder aufeinander los; im Handumdrehen war der eine wieder auf der Erde und der andere wieder im Sattel. Unter dem schallenden Gelächter und zur großen Zufriedenheit der erlauchten Zuschauer verging die Zeit von drei Stunden. Ein tapferer Ritter 8 rannte mehrere Male und nie sah man ihn zu Boden gehen. Als nun dieser treffliche Ritter sah, daß niemand die Kraft besaß, ihn aus dem Sattel zu werfen, wollte er seine Stärke am Triumphbogen beweisen (ich glaube, mit der Absicht, seine Stange zu brechen). Er ließ sich Platz schaffen und rannte mit hängenden Zügeln und mit solcher Wucht und beherzter Kühnheit, daß seine Stange drei Handbreit tief in die starke Wandung des Portals drang. Der Aufprall war so ungeheuerlich, daß sein Pferd eine Weile mit den Vorderbeinen in der Luft hängen blieb. Sein Padrino kam herbeigelaufen, voll Furcht, das Pferd habe seinen Reiter vielleicht getötet, und schrie mit lauter Stimme: Herr Kaspar, stürzt Euch vom Pferd, wenn Ihr nicht tot seid320! Da ließ sich dieser aus dem Sattel fallen. Und ich kann mir nicht vorstellen, was man noch größeres mit dieser riesigen Stange hätte anstellen können.
MÄR. Wenn ich Euch nicht der wahre Freund wäre, der ich bin, und wenn ich mich nicht entsänne, jemals eine Lüge in Eurem Mund entdeckt zu haben — ich könnte, um die Wahrheit zu sagen, ein so überwältigend großes Geschehnis nicht glauben!
FOR. Aus Zuneigung braucht Ihr es nicht zu glauben! Wenn der hochwohlgeborne Herr Troilo Orsini hier wäre — wir saßen beide auf einer Tribüne —, würde er Euch vielleicht noch weiteres erzählen als ich, der ich mich nicht mehr an alles erinnern kann. Ihm gefiel die Kühnheit dieses rühmlichen Ritters so sehr. daß er sich bitter über Fortuna beklagte, die ihm nicht seinem Mut entsprechende Kraft und Gesundheit beschieden hatte, der ihm an diesem Tag alle großen Kronen verschafft hätte.
MÄR. Wer war der Padrino, der dem Ritter zurief, er solle sich sofort vom Pferd fallen lassen?
FOR. Der erlauchte Herr Graf Karl von Zollern. 9 Um aber auf unseren Gegenstand zurückzukommen. Am Abend nach dem Mahl wurden die Preise überreicht mit denselben Zeremonien wie bei den anderen Turnieren. Aus den tugendreichen Händen des Fräuleins Cordula von Adelshausen empfing Herr Sigmund Eisenreich, ein Edelmann vom Hofe des durchlauchtigen Herzogs von Bayern, den Ersten Dank, weil er beim ersten Turnier, dem Scharfrennen, seinen Gegner mitsamt dem Roß zu Boden geworfen hatte, selbst aber fest im Sattel geblieben war. Danach bekam der schon genannte Herr Kaspar Nothafft, Edelmann vom Hofe Herzog Albrechts von Bayern, seinen Dank aus den schönen Händen des Fräuleins Anna Maria Eisenreich, weil er im Krönleinstechen nicht aus dem Sattel gestoßen wurde. Darauf wurde eine üppige Mahlzeit hereingetragen und die Trompeten bliesen dann zur Nachtruhe und alles ging fröhlich zu Bett." 10

So hatte Caspar Notthafft unter dreißig Gegnern den Dank im Krönleinstechen errungen. Hans Wagner berichtet zu diesem Ereignis nur lapidar:
Der Turnierheld Caspar Nothaft - Gemälde in Familienbesitz
Der Turnierheld Caspar Nothaft - Gemälde in Familienbesitz
"Disen danck / hat man Casparn Nothafften, Welcher in solchem Kröndlgstäch die maisten ledigen fäll gemachet / mit der auch Durchleuchtigen Hochgebornnen der alten Fürstin vnd Frawen in Bairen etc. Chamer Junckfrawen Anna Maria Eisenreichin geben". Interessant ist die bei Hans Wagner zu findende Beschreibung von Caspar Notthaffts Montur: "Caspar Nothafft zu Ahalming / welcher ain Deckhen mit Schellen / vnnd auff der linckhen seiten Rot / Gelb vnd Weis gemalt. Auch auff dem Helm ain weiß Silbere binden / vnnd klaine Docken gefüert / hat sich letzlich an der schranckhen selbst herab gerendt / vnnd an der linckhen hand an etlichen fingern verletzt / zuuor aber vier gueter lediger fäll gemacht." 11 Ganz ohne Blessuren war das Heldenstück Caspars also nicht ausgegangen!
Was es mit dieser bei Hans Wagner genannte "Docken" - also Puppe - auf Caspar Notthaffts Helm, aufsich hatte, ist in der Aufschrift des in mehreren Exemplaren überlieferten Bildnisses des Turnierhelden Caspar Notthafft überliefert. Eines dieser Gemälde, das 1902 vom Museum der Stadt München erworben wurde, gab einer Ausstellung mit Gemälden aus den Magazinen des Münchener Stadtmuseums den Namen "Der blaugestreifte Reiter". Diese wurde vom 15.Dezember 2000 bis zum 16. April 2001 in den Räumen des genannten Museums präsentiert und das Turnierbild Caspar Notthaffts nahm dabei natürlich einen besonderen Platz ein. Nach dem zu dieser Sonderausstellung erschienenen Katalog (S. 56) trägt es in einer Kartusche über dem Bildnis des gerüsteten Ritters folgende Inschrift:
"AUF DEN BEY IHRER FYRSTL: DURCHL: HERTZOG WIL
HELMS IN BAYRN SEEL: FÜRSTL: BEYLAGER DE ANNO MDLXVIII
IN MÜNCHEN GEHALTENEN TURNIER, IST HERR CASPAR NOTTHAFFT VON WERNBERG
DER DRITTE, MIT BEYGEZAICHNETER SEINER LEGITIMATION VERFASST ERSHINEN
UND WEILLEN ER VERKHUNDSCHAFFTET WASS SEINE DAMALHIGE DAMEN DES OBRIST
STALMEISTERS HERRN WILHELM LOESCHENS VON HILGARISS HAUSSEN TOCHTER
AUF SOLCHEN TAG FÜR EINE KLAIDUNG GEBRAUCHEN WURDE; HAT ER EINE GANTZ
GLEICHFÖRMIGE DOCKHEN VERFERTTIGEN; VND AUF SEINEM HELM SETZEN LASSEN.
NACH DEM ER DANN ALLE SO MIT IHME GERENT, HERABGESTOCHEN, VND NIEMANDT
MEHR MIT IHME ZU RENNEN VERHANTDEN WAHR, IST ER MIT SEINEN CROEN
LEINSPIESS MIT GEWALT AN EIN THOR GERITTEN, DAS ROSS VND MANN UBER
EIN HAUFFEN GANGEN, DARMIT ZUWEISEN, DAS ER NIT, WIE VIL VON IHME
VERMEINET ETWA ANGESCHRAUFFT SEI, SONDERN ALLEIN SO STARCKH
VND FESST ZU SITZEN GEWUST, DAS ER IHNE DASSELBE NIE GEFALLEN
WERE. OBWOLLEN IHME DER HARNISCH IM FALLEN EINEN FÜNGER ABGETRU
CKHT. ES HAT IHME ABER EIN DAMAHLS VORHANDTEN GEWESTER
REIMENSUNGER HIERUBER VNDENGESETZTE VERS GE
MACHT VND NEBEN DER GLEICHEM GEMAHLTEN TAFEL SEI
NES AUFZUGS AUCH GEGENWERTIGER SEINER AGNATEN
PROB ZU EINEN ANGEDENCKEN VEREHRET:"

In der Mitte des Sockels unter dem Bildnis steht der genannte Reim zu lesen:

"CASPAR NOTHAFFT BIN ICH GENANDT
ALSO PROBIERT ICH MEINEN STANDT
AUF MEINEN HELM FÜHRT ICH DIE ZART
DURCH DEREN LIEB ICH SIGHAFFT WARDT"
Im seinem letzten Satz bringt der genannte Katalogbeitrag (S. 59) das Turnierbild in direkten Zusammenhang mit dem Münchener Glockenspiel:
Die beiden Turnierreiter des Münchener Glockenspiels
Die beiden Turnierreiter des Münchener Glockenspiels (Foto von Eduard Dietl aus: C. J. Lachner: Münchner Glockenspiel, Hugendubel München, 1978)
"Eine zumindest allgemeine, dafür umso populärere Erinnerung an den Turnierritter von 1568 garantiert das 1909 im Rathaus eröffnete Glockenspiel, das täglich auf dem Münchener Marienplatz von Hunderten von Zuschauern aus aller Welt verfolgt wird." Damit wird die aus Kupfer getriebene 210 cm große Figur des bayerischen Turnierreiters mit dem Ritter Caspar III. Notthafft v. Wernberg identifiziert. Diese Aussage wird dadurch untermauert, dass die Schabracke des bayerischen Turnierpferdes eigentlich weiß-blaue Rauten zeigen müsste. So aber erinnert die Schabracke an das allerdings falsch tingierte Notthafft-Wappen, indem dieses einen blauen Balken auf goldenem Grund zeigt.
Kaspar Notthafft war ein Sohn von Christoph Joachim I. Notthafft v. Wernberg auf Aholming und dessen Gemahlin Anna Freiin v. Degenberg. Er erscheint 1548 zum ersten Mal, als nach dem Tode seines Vaters die Vormünder, der Landshuter Vicedom Johann Frhr. v. Degenberg und Jacob v. Puchberg zu Winzer, für Kaspar und seinen früh verstorbenen Bruder Heinrich um Belehnung mit der Burg Lutzmannstein nachsuchen. 12 1566 verkaufte der inzwischen mündige Kaspar Notthafft die Burg Lutzmannstein seinem Schwager Hans Joachim Stiebar v. Buttenheim. 13 Seine Liebste, Anna Jacobe Lösch, nach deren Erscheinung er auf dem Münchener Turnier sein Helmkleinod gestaltet und deren Liebe, wie es in dem zitierten Turnierreim heißt, ihn zum Sieg geführt hatte, heiratete im Jahr nach der Hochzeit des Herzogs Wilhelm, nämlich 1569. 14 Ihr dem Künstler Hans Schöpfer d.J. zugeschriebenes Bildnis hat sich in einem Zyklus von Hofdamenportraits erhalten und befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.
Von 1572 bis 1575 war Kaspar Notthafft Pfleger in Kraiburg bei Mühldorf am Inn, seit 1576 diente er als Pfleger in dem unweit von Aholming gelegenen Deggendorf. Im folgenden Jahr - 1580 - starb Anna Jacobe, als sie einem Zwillingspaar das Leben schenkte. Im Januar 1581 verabredete er daraufhin eine Heirat mit Barbara, der Tochter des Hans David v. Nußdorf zu Prining im Stift Salzburg. 15 Nach Franz Notthaffts Familienchronik verstarb Kaspar Notthafft am 10. November 1590. 16
1 C. J. Lachner: Münchner Glockenspiel, München 1978, S. 22 ff.,29 ff. u. vor allem S. 5 -59
2 Es handelt sich hier um keinen Sproß der Aholminger Linie, sondern um Johann Heinrich Notthafft v. Wernberg zu Wackerstein und Ettling, der 1595 als Vicedom in Landshut und Pfleger in Vilshofen starb und in der Brabanter Kapelle in Donauwörth seine letzte Ruhestätte fand. Er war ein Sohn von Haimeran IV. Notthafft v. Wernberg und dessen Ehefrau Anna v. Schmiechen. Seit 1565 war er mit Amalie Wisbeck v. Velburg verheiratet, deren väterliche Großmutter Katharina Notthafft v. Wernberg war.
3 Hans Wagner: Kurtze doch gegründte beschreibung des Durchleuchtigen Hochgebornnen Fürsten vnnd Herren / Herren Wilhalmen / Pfaltzgrauén bey Rhein / Hertzogen inn Obern vnd Nidern Bairn / etc. Vnd derselben geliebsten Gemahel / der Durchleuchtigisten Hochgebornnen Fürstin, Frewlein Renata gebornne Hertzogin zu Lottringen vnd Par / etc. gehalten Hochzeitlichen Ehren Fests, Auch welcher gestalt die darauff geladnen Potentaten vnd Fürsten Persönlich oder durch ire abgesandte Potschafften erschinen, Vnd dann was für Herrliche Ritterspil zu Roß vnd Fueß mit Thurnieren / Rennen vnd Stechen, Neben andern vil ehrlichen kurtzweilen mit grossen Freuden / Triumph vnd kostligkait / in der Fürstlichen Haubtstat München gehalten worden sein / den zwenvndzwaintzigisten vnd nachuolgende tag Februarii Im 1568 Jar, fol. 3r, 5r
4 Wagner fol. 39
5 Wagner fol. 44r, 45r, 49r
6 Die vier Meter langen Turnierlanzen oder Rennspieße (Durchmesser gewöhnlich acht bis zehn Zentimeter) wurden niemals von den Rittern gehalten, sondern nur gelenkt. An der Rüstung waren zwei Haken; auf dem vorderen, dem Rüsthaken, lag die Lanze auf, der hintere, der Rasthaken, hielt sie von oben, so daß sie im Gleichgewicht schwebte.
7 Die Pavane Che la bella Franceschina war eine beliebte Tanzweise der Zeit, ein geradtaktiger Schreittanz.
8 Der starke Ritter war Caspar Nothafft, dessen Name erst fol. 144 genannt wird. Wirre fol. 51 nennt ihn, wohl irrtümlich, Georg Nothafft
9 Es handelt sich um Karl v. Zollern d.J.
10 Massimo Troiano: Die Münchener Fürstenhochzeit von 1568. Zwiegespräche über die Festlichkeiten bei der Hochzeit des bayerischen Erbherzogs Wilhelm V. mit Renata von Lothringen, in München, im Februar 1568. - Im Faksimile herausgegeben, ins Deutsche übertragen, mit Nachwort, Anmerkungen und Registern versehen von Horst Leuchtmann, München/Salzburg 1980, S. 140-145
11 Wagner 62, 63, 63r
12 VO XVIII, S. 289
13 Biedermann: Geschlechtsregister Gebürg, Tab. 236
14 FamG. II, 232
15 Hund: Bayerisch Stammenbuch II, 189, 200
16 FamG. II, 233

Harald Stark 8/2003


Familienmitglieder

Cajetan Anton Notthafft und die Fürstpropstei Berchtesgaden

Albrecht VI. und Albrecht XI., die ersten Nothafte als Forstmeister im Egerer Reichsforst

Caspar III Notthafft v. Wernberg, der Münchener Turnierheld von 1568

Eine Notthafftin als Äbtissin des Klosters Himmelkron

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