Wappen Notthafft Familie Notthafft

Poppenreuth

Schloß Poppenreuth
Der „Torflügel“ mit dem daran anstoßenden Stallgebäude
Nur wenige Meter südlich der Abfahrt zur Stiegelmühle zweigt von der Verbindungsstraße zwischen Waldershof, Fuchsmühl und Wiesau die über Poppenreuth nach Friedenfels führende Straße. Kurz vor dem südlichen Ortsausgang von Poppenreuth weicht die Fahrbahn in einer starken Rechtsbiegung einem langgestreckten Gebäude aus, durch das ein wappengeschmücktes Tor die Einfahrt in einen geräumigen Hof vermittelt. Vor dem Bau der heutigen Straße passierte der Ortsverbindungsweg dieses Tor und führte durch den Schlosshof weiter nach Friedenfels.
Das Gebäude mit der wappengeschmückten Durchfahrt gehört zu den Wirtschaftsbauten des Schlosses Poppenreuth, die der letzte Spross der Weißensteiner Linie der Familie Notthafft, Johann Paul Notthafft Freiherr von Weißenstein im Jahr 1713 errichten ließ. Sein mit einer Freiherrnkrone bekröntes Wappen in den beiden Gewänden der schon mehrfach erwähnten Toreinfahrt erinnert zusammen mit den Initialen IPNFVW und der Jahreszahl ANNO 1713 erinnert an diese Bautätigkeit. Außer dem hofseitig in Fachwerk ausgeführten „Torflügel“ der Wirtschaftgebäude sind keine historischen Gebäude mehr vorhanden, außer die etwas abseits vom Schloss an der Straße nach Hohenhard gelegene profanierte Schlosskapelle, die heute als Pfarrheim dient. Das mit einem eingezogenen, in fünf Achteln geschlossenen Chorraum versehene Kirchlein trug früher über der Giebelwand einen hölzernen Dachreiter mit zwei Glocken. Das barocke Türgewände ist mit dem Jahr 1717 bezeichnet; eine darüber angebrachte Granittafel zeigt unter einem Notthafft-Vollwappen eine im unteren Bereich nur noch schwer zu entziffernde Inschrift, die den schon bekannten Baron Johann Paul Notthafft als Bauherrn des Kirchleins ausweist:

GLORIAE TRIVNIVS DEI
VISITATIONIB: DEI PARE HONORI SANT
DEPAD: ET JOH: NEP DM: EXTRVCTVM
HOC TEMPLVM DEDICAVIT
JOH: PAVL NOTHAFT LIB: BARO DE WEIS
SENST. SER: ET POT: ELECT COPETRAVCA
MER: CHILIARCHET PRAEFECT: WALDMAN
. . .


Chorraum der Schlosskirche in Poppenreuth
Blick zum Chorraum der 1934 profanierten Schlosskirche in Poppenreuth
Altar der Schlosskirche in Poppenreuth
Der als kunstvoller Akanthusaltar gearbeitete St. Johanne v. Nepomuk-Altar
Die alte Schlosskirche war mit zwei Altären ausgestattet. Nachdem 1934 die neue Kirche inmitten des Dorfes fertiggestellt worden war, wurden diese Altäre in das neue Gotteshaus übernommen. Das Altarblatt des Hochaltars stellt Mariä Heimsuchung dar. Über dem Gemälde, am Gebälk des Altaraufbaues, zeigt sich das Wappen der Familie Notthafft. Prunkvoller als der Hochaltar präsentiert sich der Seitenaltar als ein, wenn auch verhältnismäßig schlichter Vertreter der in Böhmen und in der Oberpfalz noch häufig anzutreffenden Akanthusaltäre. Das von filigranen Akanthusranken umgebene Altarbild zeigt den böhmischen Nationalheiligen Johannes von Nepomuk, dem sich auch die Familie Notthafft oft eng verbunden zeigte. Zwischen dem Altarbild und dem strahlenden Auge Gottes als Symbol für den Heiligen Geist, zeigt sich ein ovales, helmbekröntes Notthafft-Wappen in einer aus den Helmdecken gebildeten Kartusche. Auf dem Sockel des Altarretabels über der Predella weist eine Kartusche mit den ovalen Allianzwappen Notthafft/Sparneck auf die Stifter dieses Altars, Johann Abraham Notthafft v. Weißenstein, den Bruder Johann Pauls, und dessen Gemahlin Anna Barbara v. Sparneck hin. Beide Altäre werden dem in Schnaittach bei Nürnberg gebürtigen Bildhauer Johann Michael Doser zugeschrieben.
Gegründet wurde das Schloss Poppenreuth von Hans V. Notthafft von Weißenstein. In einer 1541 durchgeführten Erbteilung hatten er und sein Bruder Friedrich III. den Sitz Thumsenreuth und jeweils ein Drittel des damals noch bewohnbaren Weißensteins erhalten.1 1547 erwarb er den Hof des Lorenz Würstl Poppenreuth und verwandelte ihn, weil er - nach den Worten seiner Untertanen - „für großer Langweil wegen zum Weißenstein nit bleiben mögen“, in einen Herrenhof.2 In den Jahren von 1551 bis 1588, als die nördliche Herrschaft samt der Burg Weißenstein im Besitz der Herren von Waldenfels waren, diente das Schloss Poppenreuth den Waldenfelsern als Wohnsitz. Nach einer Beschreibung des „Adelichen Ritterguts“ Poppenreuth aus dem Jahre 1711 war der „adeliche Ansitz im Dorff von Grundt biß in die Tachung erbauet, sambt Ställen, Städl, Vogthauß, Viehhauß vnd anderen Gebeuen“. Ein „starker Spring Prunnen“ versorgte das Schloss mit Wasser, welches „vor alle Heuser in der Hofraith vnderschidlich gefürt werden kan“.3 Im Jahr 1713 ließ dann Johann Paul Notthafft - wie oben bereits erwähnt - den nördlichen Flügel der Wirtschaftsgebäude erneuern oder neu errichten.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg war Bayern von 1742 bis 1745 von Österreichischen Truppen besetzt. 1743 wurden die Fürsten von Lobkowitz, die nach dem Tode Johann Paul Notthaffts eine Erbanwartschaft auf die Herrschaft Weißenstein geltend gemacht hatten, in den Besitz der Güter Friedenfels und Poppenreuth gesetzt. Als die Wittelsbacher nach dem Frieden von Füssen 1745 die Regierung in Bayern zurückerlangt hatten, wurde diese Besitzübertragung zwar wieder rückgängig gemacht, dennoch dauerte der sogenannte „Lobkowitzsche Sukzessionsstreit“ bis 1752. Während des Österreichischen Erbfolgekrieges hatte in Poppenreuth der v. lobkowitz'sche Verwalter Reichenberger das sagen. Dennoch durfte die resolute Nothaftische Witwe im Schloss wohnen bleiben. Von ihrem Wohnzimmer aus konnte sie geradewegs in die Stube der Verwalterswohnung blicken. Daraus ist zu schließen, dass das eigentliche Schlossgebäude einst inmitten des weiten Hofraumes stand, welcher im Norden durch die Wirtschaftsbauten Johann Paul Nothafts abgeschlossen wird.
Schloss Poppenreuth1872
Schloss Poppenreuth im Jahr 1872 - Zeichnung aus dem Skizzenbuch der Caroline Frfr. v. Notthafft (Familienbesitz)
1752 starb Anna Maria Barbara Notthafft. Nach ihrem in der Zeit vom 14. bis zum 24. Juni dieses Jahres aufgenommenen Nachlassinventar befand sich damals das reichhaltige „Weißensteiner Archiv“ im Schloss Poppenreuth. In dem schon erwähnten Wohnzimmer im Schloss gab es damals einen Tisch, zehn blaue Sessel, einen alten Speiß-Kasten sowie einen neuen und einen alten Zinnkasten. Außer dem Wohnzimmer erscheinen im Inventar die Küche und ein Speisegewölbe. Neben dem herrschaftlichen Wohngebäude gab es im Schloss Poppenreuth außerdem ein Viehhaus mit Schafstall, Ochsenstall, Kuhstall und Schweinestall, ein Brauhaus, einen Stadel und einen Zehntstadel, eine Pechhütte, das Verwalterhaus, ein Jägerhaus, ein Amtsknechtshaus sowie eine Schupfe. In der „Hofraith“ lagerten 40 Fuder Mist, 15 Klafter weiches Brennholz, 3 Klafter Buchenholz, 7 Stämme Bauholz, 2600 Schindeln und 45 Falzbretter.4
Am 13. Oktober 1766 wurde das Schloss Poppenreuth samt den Nebengebäuden durch ein Schadenfeuer eingeäschert. Während das wohl in der Mitte des geräumigen Schlosshofes gestandene eigentliche Schlossgebäude nicht wieder errichtet wurde, verursachte der Wiederaufbau der Wirtschaftsgebäude bis zum August 1767 Kosten in Höhe von 2616 Gulden.5 Am 8. August 1808 wurden zur Anlage des Häuser- und Rustikalkatasters alle zum Rittergut Poppenreuth gehörigen Besitztümer zusammengefasst. Der Schlosskomplex umfasste damals folgende Gebäude:
  1. Das Hofmarksschloß, Haus-Nr. 1
  2. Das Gerichtsdienershaus, Haus-Nr. 2
  3. Das Jägerhaus, Haus-Nr. 3
  4. Das Maierhaus, Haus-Nr. 4
  5. Das Schäferhaus, Haus-Nr. 5
  6. und das nicht in die Hausnummerierung mit einbezogene Brau- und Malzhaus.6
Im Mai 1857 wurden am Dachstuhl des Poppenreuther Stall- und Ökonomiegebäude starke Baumängel festgestellt, die eine schnelle Reparatur derselben notwendig machten. Da das Landgericht Erbendorf auch die Errichtung einer Brandmauer zwischen dem Brau- und Malzhaus und den übrigen Ökonomiegebäuden angeordnet hatte, die Wohnräume des Pächters sehr beengt waren und „noch nicht einmal für einen der Herren Besitzer, im Falle er sich Geschäfte halber einen oder ein paar Tage sich dortselbst aufhalten müßte, irgend ein Zimmer sich vorfand“, wurde in diesem Jahr ein umfangreicher Umbau des „Torflügels“ in Angriff genommen. Die bisher mit einer Bretterdecke versehene Hofeinfahrt wurde überwölbt und „das Oekonomiegebäude vom Durchfahrtsthor an, bis zum Stallgebäude um 1 Stock erhöht und oben Zimmer eingerichtet“. Laut Kostenvoranschlag sollten diese Umbaumaßnahmen 964 Gulden und 22 ½ Kreuzer kosten.7
Im Januar 1882 gingen auch die Schlossgebäude in Poppenreuth auf dem Wege der Zwangsversteigerung in die Hände von Bianca Eiserhard aus Waldenburg in Schlesien und von dieser über den Geheimen Kommerzienrat Gustav v. Siegle in den Besitz der Freiherrn von Gemmingen-Hornberg über. Nach der Versteigerungsbekanntmachung vom 19. Oktober 1881 umfasste das Schlossgut Poppenreuth damals folgende Gebäude:
Plan zum Umbau des "Torflügels" 1857
Plan zum Umbau des „Torflügels" im Jahr 1857 (Familienbesitz)

    Pl.-Nr. 1 Schlößl, Oekonomiehaus, Stall, Malzhaus, Schweinestall, Stadel, Schupfe, Zehentstadel, Brunnen und Hofraum, die Gebäude mit der Hausnummer 1 bezeichnet und im Orte Poppenreuth gelegen zu 0,480 ha.
    Pl.-Nr. 1 ½ Ober-Jägerwohnung zu 0,037 ha, das Gebäude mit der Hausnummer 3 bezeichnet und im Orte Poppenreuth gelegen, 3 Felsenkeller zu 0,014 ha, mit der Hausnummer 2 bezeichnet und im Orte Poppenreuth gelegen.
    Pl.-Nr. 183 b Schafhütte zu 0,017 ha, zu Hausnummer 1 gehörig.
    Pl.-Nr. 413 Ziegelhütte mit Hofraum, Kuhstall und Trockenschupfe zu 0,167 ha, zu Hausnummer 1 gehörig.
    Pl.-Nr. 36 Hofraum zu 0,048 ha.

Abschließend soll hier noch eine interessante Darstellung des Poppenreuther Gutsbetriebes wiedergegeben werden, die einer im Mai 1897 in Friedenfels verlegten Beschreibung des Schlossgutes Friedenfels mit Poppenreuth, Weissenstein & Harlachhof entnommen ist und einen Überblick über die von den neuen Besitzern vorgenommenen Neuerungen und Veränderungen bietet:
Gut Poppenreuth mit Spiritusbrennerei
Gut Poppenreuth mit Spiritusbrennerei

Der Schlosshof 1897
Der Schlosshof im Jahr 1897 - Lichtdruck aus der Mappe „Schloßgut Friedenfels mit Poppenreuth und Harlachhof“
Dasselbe liegt auf der nördlichen. Abdachung des Steinwaldes 650—700 mtr. über dem
Meere und besteht
aus:      .
Gebäuden und Hofraum zu . 0,718 ha.  ==  2, 11 Tgw.
Gärten und Wiesen zu . . . . 85,921 ha  ==  252,11 Tgw.
Aeckern zu . . . . . . . . . . . . 82,688 ha  ==  243,27 Tgw.
Weiden und Oedungen zu . . 81,616 ha  ==  239,53 Tgw.
in Summa 250,943 ha.  ==  737,08 Tgw.
von denen 51,698 ha. == 151,73 Tgw. Grundparzellen an die umliegenden Gütler verpachtet sind.
Das Klima ist sehr rauh; völlig frostfrei sind nur die Monate Juli und August. Die Acker-krumme enthält Verwitterungsprodukte von Thonschiefer und Basalt, wobei ersterer vor-herrscht, während der Untergrund meist felsig ist. Die Wiesen sind grösstentheils nass und mitunter moorig; eine Entwässerung derselben ist mit Rücksicht auf die Untergrunds-verhältnisse nur schwer durchführbar und zu kostspielig; dagegen erweist sich die Düngung der Wiesen mit Kalk, Kainit und Thomasschlacke — welche in gleicher Art wie in Friedenfels durchgeführt wird — sehr vortheilhaft für den Ertrag.
Für den Feldbau ist nachstehende Fruchtfolge seit 1888 zu Grunde gelegt:
l) Kartoffeln 5) Rothklee,
2) Hafer, 6) W. Koggen,
3) Kartoffeln, 7) Hafer.
4) Hafer,  
Die Oekonomiegebäude wurden renovirt und in den Jahren 1887 und 1893 zwei neue Stallungen erstellt, womit nun Raum für 100 Stück Grossvieh geschaffen ist. Der Rindviehstand wechselt von:
25 - 30 Stück Milchkühen und
50 - 60 Stück Zug- und Mastochsen.
An Zugpferden sind 5 Stück vorhanden.
Neben Ochsenmastung wird Handel mit Zugvieh betrieben, das hauptsächlich seinen Absatz nach Norddeutschland findet. Die Kühe dienen nicht zur Nachzucht, sondern lediglich zur Produktion von Milch, die seit 1895 in dem nahe gelegenen Markt-Redwitz in plombirten Kannen zum Preise von 14 Pfg. pro Liter verkauft
Poppenreuther Spiritusbrennerei 1897
Ein Blick in die Poppenreuther Brennerei - Lichtdruck aus der Mappe „Schloßgut Friedenfels mit Poppenreuth und Harlachhof“ aus dem Jahr 1897
wird. Um einerseits einen grösseren Viehstand, im Interesse der Düngererzeugung halten und andererseits eine rationellere Verwerthung der hier und in Friedenfels gebauten Kartoffeln herbeiführen zu können, wurde im Jahre 1887 eine

Spiritusbrennerei


an Stelle der aufgelassenen kleinen Handbrauerei erbaut. Die Einrichtung ging aus der bekannten Fabrik „Venuleth & Ellenberger" in Darmstadt hervor und ist für doppelten Betrieb mit Bottichen zu je 15 hl. vorgesehen.
Zum Betriebe dient eine 9 pferdige Dampfmaschine mit einem Kessel von 25 qm. Heizfläche, ferner l Kartoffel-wäsche mit Elevator, l Henzedämpfer, l Ellenberger Vormaischbottich , l Röhrenkühler, l continuirlicher Colonnenapparat, l Montejus etc. Die Schlempe wird in eisernen Röhren nach den Stallungen geleitet.
Für die Lagerung des Spiritus wurde ein steuerfreies Magazin mit 2 eisernen Reserven — 400 Hectol. fassend — im Jahre 1888 erbaut, weil der Spiritustransport; zur Bahn während der Wintermonate nicht immer möglich ist. Das der Brennerei zugetheilte Contingent beziffert sich auf 725 Hectol. Die Ausbeute beträgt je nach der Qualität des Rohmaterials bis zu 11 % per Hectol. Maischraum.
Ebenso wie in Friedenfels wurde auch hier eine neue Wasserleitung mit Hochreservoir und eiserner Rohrleitung in einer Länge von 1370 mtr. im Jahre 1887 angelegt, welche dem Oekonomie- und Brennereibetrieb das nöthige Wasser zuführt. Hydranten für Feuerlöschzwecke sind gleichfalls vorhanden.

1 BayHStA. München, Notthafft-Archiv U 858
2 BayHStA. München, Notthafft-Archiv U 874; StA. Amberg, Beziehungen zu Böhmen 1443
3 BayHStA. München, Notthafft-Archiv Lit. 1121
4 Harald Stark: Streit um die Herrschaft Weißenstein, in: Oberpfälzer Heimat, 39 Bd./1995, S. 47 - 60; StA. Amberg, Landsassen 404 u. 405/I.
5 BayHStA. München, Notthafft-Archiv Lit. 904, fol. 434
6 StA. Amberg, Häuser- und Rustikalkataster Kemnath Nr. 95
7 Akten in Familienbesitz
Harald Stark 03/05

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