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Torsäule an der ehem. Hofeinfahrt des Schlosses
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Das Ortsbild des östlich von Erbendorf gelegenen Kirchdorfes Krummennaab wird
heute von der Industriearchitektur der Porzellanfabrik Seltmann dominiert.
Früher stand auf dem heutigen Betriebsgelände das Schloss Krummennaab mit
seinen Wirtschaftsgebäuden. Allein das alte Kirchlein und eine granitene Säule
der ehemaligen Hofeinfahrt ist vom Ensemble des Schlosskomplexes bis heute
erhalten geblieben.
1382 hatte Albrecht XII. Notthafft v. Weißenstein das Dorf und die Veste in
Krummennaab, die Mühlen zu Krummennaab und Plern sowie ein Lehen in Haugsdorf
samt dem zugehörigen Fischwasser von Ulrich Sack von Geilsdorf und Raymar v.
Streitberg erworben. Die Verkäufer hatten diesen Besitz von ihrem Schwager,
Engelhard Wild, ererbt.1 Am 19. Mai 1397 gelobten Albrechts Söhne Gilg I. und
Conrad IV. Notthafft dem Burggrafen Friedrich V. und seinen Söhnen die
Gewartung mit ihren Schlössern Weissenstein und Krummennaab, die ihr
„freye(s) aygen“
seien. Die Nürnberger Burggrafen versprachen dagegen die beiden Notthaffte zu
„versprechen, verteydigen, beschüczen, beschirmen“
und zu ihrem Recht zu verhelfen,
„als andern iren Mann vnd Dynnern“
und sichern ihnen ein jährliches
„ewiges“
Burggutgeld von 20 Gulden zu.2 Diese 20 Gulden verschrieben ihnen die
Burggrafen am 4. Juni desselben Jahres auf das Umgeld, also die Biersteuer, der
Stadt Wunsiedel. Die Zahlungen dieses Burggutgeldes sind in den Wunsiedler
Stadtkammerrechnungen bis 1449 nachzuweisen.3
Mit der Erwerbung des Schlosses in Krummennaab wird die Tendenz der Notthaffte
sichtbar, die unwirtliche Höhe des Weißensteins zu verlassen. Während sich die
Stammburg bald nur noch mit einem Pfleger und einigen Wächtern besetzt findet,
lässt sich die adelige Herrschaft in bequemeren Schlössern am Fuß des
Steinwaldes nieder. Nach dem Tode Hans IV. Notthafft im Jahr 1526 diente das
Schloss Krummennaab seiner Witwe Ursula als Witwensitz.4 Seine Söhne Hans V.,
Erasmus und Friedrich III. teilten 1541 den ererbten väterlichen Besitz, wobei
Krummennaab samt einem Drittel am Weißenstein und am Frauenreuther Weiher,
sowie dem Fischwasser in der Naab, den Zehnten in Krummennaab, Stockau,
„Grueb am Guttl Berg“
und einem Drittel des Zehnten
„vffm Aigen“
an Erasmus Notthafft fielen.5 Da seine beiden Brüder 1548 bereits verstorben
waren, vereinigte Hans V. schon bald darauf den geteilten Besitz wieder in
seiner Hand; 1552 urkundete er als „Hans Nothaft zu Krummenaab“.6
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Das zur Porzellanfabrik umgebaute Schloss Krummennaab auf einer Ansichtskarte um 1900
(Foto: Robert Mertl/Friedenfels & Ernst Grünbauer/Krummennaab)
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Seiner Schuldenlast und der schleppenden Verkaufsabwicklung des Gutes
Poppenreuth wegen, war Hans V. 1558 gezwungen, sein väterliches Erbe in
Krummennaab,
„so frei eigen ist“,
zu verpfänden.7 Am 14. Oktober 1564 veräußerte er die Veste Krummennaab samt
Zubehör schließlich an Georg Hektor Wispeck von Velburg.8 Dessen Großvater Georg
Wispeck hatte 1509 von den Notthafft die Burg Wernberg erworben. Sein Vater
Hans Adam veräußerte diese wiederum an Landgraf Johann IV von Leuchtenberg. Um
für dieses Geschäft die kurpfälzische Einwilligung zu erhalten, machte sich
Hans Adam Wispeck damals verbindlich 4000 Gulden von der Kaufsumme bei Kurfürst
Ludwig so lange zu gewöhnlichen Zinsen anzulegen und so lange zu tragen, bis er
dieselben in Gütern anlegen könne, die er dann dem Kurfürsten zu Lehen
auftragen wolle. Georg Hektor kündigte nach dem Tode seines Vaters dieses
Kapital und erkaufte damit das Gut Krummennaab, das er daraufhin dem Kurfürsten
Friedrich zu Lehen auftrug. Damit war Krummennaab kurpfälzisches Lehen geworden.
Nicht lange waren die Wispeck im Besitz von Krummennaab; schon 1571 befand sich
das Gut in den Händen des Landrichters und Pflegers zu Parkstein, Georg v.
Rochau, den Pfakzgraf Johann Casimir am 1. September 1586 damit belehnte. Die
Rochau, ein altes märkisches Adelsgeschlecht, waren seit 1573 in der Oberpfalz
ansässig. Georg v. Rochau erkannte einen großen Mangel der Krummennaaber
Hofmark: Das fehlen eines herrschaftlichen Waldes. Solange das Gut in den
Händen der Notthafft gewesen war, die über großen Forstbesitz im Steinwald
verfügten, mag sich dieser Nachteil nicht ausgewirkt haben, nun aber erwarb
Georg v. Rochau 1576 rund 100 Morgen Holz bei Bernstein, das später sogenannte
Rochauer Holz, und ließ sich am 1. September 1586 damit belehnen.
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Die Mühle an der Naab war einst freieigenes Gut der Gutsherrschaft
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Bis nach dem Dreißigjährigen Krieg befand sich Krummennaab im Besitz der Herren
v. Rochau. 1668 veräußerte Hans Heinrich v. Rochau das Mannlehengut
„Crumeno“
samt dem Pfarrlehen und der Mühle dortselbst, wie auch den Holzwachs zu
Bernstein an Wolf Ernst v. Lindenfels auf Weidenberg. Wolf Ernst v. Lindenfels
(+ 1699), der mit Magdalena v. Giech verheiratet war, ließ das Gerichts- und
Verwaltergebäude der Hofmark neu errichten, woran ein ehedem an diesem Gebäude
angebrachtes Ehewappen Lindenfels/Giech erinnert. Sein Sohn Karl Christian v.
Lindenfels (+ 1737), vermählt mit Margaretha v. Raitenbuch, ließ das 1705 einem
Brandunglück zum Opfer gefallene Schlossgebäude wiedererrichten und mit einem
heute verschollenen Ehewappen Lindenfels/Raitenbuch zieren. Die Wappensteine
vom Verwaltergebäude haben sich, allerdings stark verwittert und mit mehreren
Farbschichten überstrichen, bis heute erhalten und sind auf der Rückseite eines
Hauses am Dorfplatz, unweit der Evangelischen Kirche eingemauert.
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Die beiden erhaltenen Ehewappen Lindenfels/Giech stammen von Nebengebäuden des
Schlosses. Das abgewitterte Giech-Wappen lässt sich anhand der Helmzieren
identifizieren.
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Karl Christian v. Lindenfels hatte beim
„alten Schlößl“
in Krummennaab eine Glas-Poliermühle errichtet, die er 1717 für eine jährliche
Pacht von 150 Gulden für den Zeitraum von 6 Jahren an den französischen
Adeligen Louis Anne de Sainte Marie Eglise verpachtete. Nach und nach
beschäftigt der Franzose in seiner Manufaktur 40 Arbeiter, für die am „Anger“
neue Wohnhäuser entstanden sind. Lindenfels erwarb 1725 das Gut Wolframshof bei
Kemnath, trat 1727 zum katholischen Glauben über und veräußerte Krummennaab für
28.300 Gulden an den bisherigen Pächter seiner Poliermühle Louis Anne de Sainte
Marie Eglise. Dieser verwandelte das bisherige Mannlehen Krummennaab noch 1725
in ein durchgehendes Söhne- und Töchterlehen, das nun auch an weibliche
Nachkommen vererbt werden konnte.
Der Frühindustrielle Louis Anne de Sainte Marie Eglise starb am 26. Januar 1756
achtzigjährig in Krummennaab und wurde unter der Kanzel der heutigen
Evangelischen Kirche beigesetzt, wo noch heute ein einfacher Grabstein an ihn
erinnert. Unter ihm wurden, nach einem großen Brand im Jahr 1731 die
Nebengebäude des Schlosses, die Kirche, der Pfarrhof und die beiden Schulhäuser
neu erbaut. Durch das im Gemeinschaftsamt Weiden-Parkstein, zu dem Krummennaab
seit dem 15. Jahrhundert gehörte, eingeführte Simultaneum, gab es im Ort eine
evangelische und eine katholische Schule! Seine Erben veräußerten 1778 das
kurpfälzische Lehen Krummennaab, die leuchtenbergischen Lehen Bernstein und
Steinreuth, sowie die freieigene Krummennaaber Mühle und den Sassenhof für
37.000 Gulden an den kurfürstlichen Kämmerer und Finanzrat sowie Landrichter zu
Waldeck und Burglengenfeld Karl Joseph Frhr. v. Öxle auf Friedberg. Dieser
blieb nur 9 Jahre im Besitz des Gutes: 1787 verkaufte er Krummennaab an den
kurpfälzischen Pfleger und Landrichter zu Parkstein, Johann Georg v.
Grafenstein.
Im Besitz der Familie v. Grafenstein blieb Krummennaab bis 1856. Gegen eine
Ablösungssumme von 265 Gulden und 53¾ Kreuzern war 1849 der
Lehensverband aufgehoben worden; das Rittergut Krummennaab war wieder freies
Eigentum seiner Besitzer geworden. Die durch die Revolution von 1848
ausgelösten Umwälzungen hatten die Beseitigung der gutsherrlichen
Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt, sowie die Aufhebung, Fixierung oder Ablösung
der bäuerlichen Grundlasten gebracht, was für die Rittergutsbesitzer auf die
Dauer den Wegfall eines großen Teils ihrer wirtschaftlichen Grundlage
bedeutete. 1856 veräußerte die Witwe des kgl. Oberpostmeisters Anton v.
Grafenstein († 1854) das Rittergut an Karl Theodor Frhr. v. Künsberg,
den letzten adeligen Besitzer von Krummennaab, der seinen Hauptsitz in Kaibitz
und Guttenthau hatte. 1860 zertrümmerte er das Gut, das damals noch über rund
124 Tagwerk Felder und Ödungen verfügte.
Beim Schloss handelte es sich um ein rund 22 Meter breites und 27 Meter langes,
massives und mit Ziegeln gedecktes Gebäude. Es war mit drei gewölbten Kellern
unterkellert, hatte im Erdgeschoss 5 heizbare und 2 unheizbare Zimmer, einen
geräumigen Hausplatz, eine große Küche mit Speisekammer und Abtritt. Im
Obergeschoss befanden sich 6 heizbare Zimmer und 3 unheizbare Zimmer, 1 großer
Saal, eine Kammer und ein Abtritt. Die Wirtschaftsgebäude bestanden in einem
gemauerten Getreidestadel, einer Wagenremise, dem Pferdestall, einem Ochsen-
und Kuhstall, der Pächterwohnung mit Schweineställen, alles einstöckig,
aufgemauert, gewölbt und unter einem First gelegen. Außerdem gab es die
Schafhütte, das Bräuhaus und einen Fässerstadel.
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Das alte Schloßgebäude kurz vor dem Abbruch im Jahr 1966
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Im Schloss betrieb 1874 Franz Mühlmeyer aus Kemnath eine Zündholzfabrik. 1894
errichtete Josef Peschka aus Reuth einen Porzellanbrennofen im Schloss und
produzierte mit etwa 30 Arbeitern Porzellan. 1897 erwarb Wenzeslaus Mannl den
größten Teil der ehemaligen Schloßgebäude für 22.000 Mark, fügte an das alte
Schloßgebäude 1898 einen gegen Westen gerichteten Anbau, in dem er bis 1912
drei weitere Brennöfen einrichtete. Nach Norden, in gleicher Flucht mit dem
ehemaligen Schloss, entstand 1904 ein Bürogebäude. So mussten die alten
Ökonomiegebäude nach und nach den Erweiterungsbauten der Porzellanfabrik
weichen, die 1939 vom Porzellanfabrikanten Wilhelm Seltmann in Weiden erworben
wurde. Im Zuge der Erweiterung und Modernisierung der Porzellanfabrik nach 1957
fiel 1966 schließlich auch das alte Schlossgebäude der Baggerschaufel zum Opfer.9
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Das alte Schloßgebäude kurz vor dem Abbruch im Jahr 1966
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Zu erwähnen ist noch das Bereits in Verbindung mit der Glaspoliermühle des
Louis Anne de Sainte Marie Eglise genannte „alte Schlößl“. Eine um 1840
angefertigte Beschreibung von Krummennaab berichtet:
„Das sogenannte alte Schloß an der Fichtelnaab, welches auf ein graues Alter
schließen läßt, ist jetzt zu einer Glaspolier verwendet. Statt diesem steht
jetzt etwas entfernter von der Fichtelnaab, beim obern Theil des Dorfes auf
einer Anhöhe, ein schönes neues Schloß.“10
Das nach Lehner auch als Mühlhof bezeichnete untere Dorf bestand aus dem
„Schlößl“ (Haus-Nr. 15), der ehemals freieigen, zum Rittergut gehörige Mühle
(Haus-Nr. 16), sowie dem ehemaligen herrschaftlichen Gärtner- und Jägerhaus
(Haus-Nr. 19 und 20).11 Nach Franz v. Notthaffts Familienchronik befand sich
„an dem Poliergebäude zu Krummennaab, welches früher das Schloß war, noch das
Notthafftische Wappen“.12
Es scheint also, als ob das alte Schloss der Notthafft als Wasserburg in der
Niederung der Naab gestanden hätte.
Harald Stark 08/05
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1
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BayHStA. München, Notthafft Archiv U 119; Notthafft-Archiv Lit. 1314a, Nr. 52,53
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2
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StA. Bamberg, Brandeburg-Bayreuth U 940; Mon. Zoll. V, Nr. 390.
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3
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Mon. Zoll. VIII. Nr. 419 - Für die Mitteilung bezüglich der Wunsiedler
Stadtkammerrechnungen danke ich der emeritierten Archivarin der Stadt
Wunsiedel, Frau Elisabeth Jäger.
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4
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BayHStA. München, Notthafft Archiv Lit. 1314a, Nr. 135
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5
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BayHStA. München, Notthafft Archiv U 858
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6
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FamG I, 294
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7
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StA. Amberg, Beziehungen zu Böhmen Nr. 522
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FamG I, 299
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Johann Bapt. Lehner: Krummennaab - ein Heimatbuch, erweiterte Auflage
Krummennaab 1966, S. 26 -43; 60 - 62; 106
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10
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StadtA. Regensburg, MS/O/406
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11
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Joh. Bapt. Lehner, a.a.O. S. 86
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12
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FamG. I, S. 299
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