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Böhmisch Eisenstein mit dem Arber im Hintergrund auf einem kolorierten
Stahlstich um 1850
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In seinem 1887 in Prag erschienenen, mit Holzstichen reich illustrierten Werk
"Der Böhmerwald" beschreibt Friedrich Bernau eine Wanderung über das Künische
Gebirge und erwähnt dabei neben anderen Orten auch Eisenstein mit folgenden
Worten:
"... Eine Gruppe von Häusern und Villen taucht endlich über dem Zusammenflusse
des Regen- und Eisenbaches auf, um ein mit einem sonderbaren Dache versehenes
Kirchlein gedrängt, dessen bizarre Form wohl einem jeden Beschauer für immer im
Gedächtnisse verbleiben dürfte. Der sehr niedrige Barockbau ist sternartig
angelegt und von einer einzigen, kolossalen, zwiebelähnlichen Kuppel bedeckt,
welche demselben ein wahrhaft monströses Aussehen verleiht. Die Häuser von
Eisenstein sind theils in schweizerischer Gebirgsart, theils in dem modernen
Villenbaustil aufgeführt; dieser hat hier in letzter Zeit leider so stark
überhand genommen, daß der ursprüngliche Baucharakter des Ortes immer mehr im
Verschwinden begriffen ist. ..."
Die Geschichte von Eisenstein beginnt 1552 mit der Überlassung eines Teiles des
königlich böhmischen Grenzwaldes gegen Bayern von Kaiser Karl V. an den
böhmischen Grafen Georg von Guttenstein als Pfand für ein gegebenes Darlehen.
Zwölf Jahre später, 1564 verpachtet der Guttensteiner das inzwischen am
Eisenbach im Eisensteiner Hochtal entstandene, jetzt aber öde liegende Bergwerk
an den Nürnberger Hammermeister Konrad Geißler und den Passauer Bürger Melchior
Fiedler. 1569 wird der fünf Jahre vorher geschlossene Pachtvertrag um einen
Erbrechtsbrief ergänzt.
Das inzwischen florierende Bergwerk erweckt das Interesse von Herzog Albrecht
V. von Bayern, der infolge des schon länger umstrittenen Grenzverlaufs
Besitzansprüche geltend macht.
Nach dem Tod von Konrad Geißler erwirbt dessen Sohn Michael die Rechte des
Vaters. Er muß aber wegen der vielen Störungen durch gegnerische Böhmen, den
Betrieb bald einstellen. Nachdem auch Melchior Fiedler gestorben ist, verleiht
Herzog Albrecht V. von Bayern 1576 seinem Vater Pankraz Fiedler das Bergwerk
als Lehen. Weil Pankraz die bayerische Landeshoheit anerkennt, verbleibt von da
an der ganze Eisensteiner Winkel bis 1708 de facto bei Bayern.
1577 verkauft Pankraz Fiedler das Bergwerk am Eisenbach mit Zustimmung des
bayerischen Herzogs Albrecht V. an den Straubinger Vicedom Christoph Graf von
Schwarzenberg, der als
"großer Liebhaber der Bergwerke"
gilt. Wegen der weiter andauernden Grenzstreitigkeiten gelingt es ihm ebenso
wenig wie dem Pankraz Fiedler, das Werk wieder in Stand zu setzen. Die
Schwarzenberger, ursprünglich von den fränkischen Seinsheimern abstammend,
erwerben später umfangreichen Grundbesitz in der Steiermark und in Krain, sowie
in Südböhmen die bedeutende Herrschaft Krumau. 1671 werden sie in den erblichen
Reichsfürstenstand erhoben.
Nach dem Erwerb des Bergwerks erklärt Graf Christoph von Schwarzenberg, wieder
mit der Genehmigung von Herzog Albrecht, daß er der böhmischen Krone allen
schuldigen Gehorsam leisten wolle, sollte das Eisensteiner Gebiet durch
vertragliche Vereinbarungen an Böhmen fallen.
Nach dem Tod von Graf Christoph dem Älteren im Jahr 1596 und dem Tod seines
Erben, ebenfalls mit dem Namen Christoph im Jahr 1627, fällt das Eisensteiner
Gebiet an dessen Schwester Anna Maria, die nach zweifacher Witwenschaft im Jahr
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Das Hochgrab des Reichshofratsvicepräsidenten Johann Heinrich Notthafft Graf v.
Wernberg (+ 1665) in der Karmelitenkirche in Straubing
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1626 den um 21 Jahre jüngeren Johann Heinrich Nothafft von Wernberg geheiratet
hatte. Damit ist Eisenstein, das Anna Maria mit in die Ehe bringt,
notthafftisches Gut geworden.
Schon elf Jahre nach ihrer dritten Hochzeit im Jahr 1637 stirbt Anna Maria im
Alter von 50 Jahren. Ein Jahr darauf wird Johann Heinrich, der schon mit 26
Jahren zum wirklichen Reichshofrat ernannt worden war, von Kaiser Ferdinand
III. in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben. Die steile Karriere im Dienste
des kaiserlichen Hofs verlangt seine häufige Anwesenheit in Wien, darüber
hinaus erfordert der diplomatische Dienst häufige Reisen durch halb Europa. Als
Schlichter bei Streitigkeiten zwischen Reichsfürsten und Reichsstädten genießt
er hohes Ansehen. Im September 1663 wird Graf Johann Heinrich, als Krönung
seiner Laufbahn, zum Reichshofratsvicepräsidenten und zum kaiserlich Pfalz- und
Hofgrafen ernannt. Damit ist er im gesamten "Heiligen Römischen Reich Deutscher
Nation" der zweithöchste Beamte. Mit dieser Erhebung waren verschiedene
Privilegien verbunden. So durften er und seine erstgeborenen männlichen
Nachkommen unehelich Geborene nachträglich legitimieren, aber auch Wappenbriefe
an Bürgerliche erteilen. Dennoch zeigt sich seine Verbundenheit zur alten
Heimat, aber auch zur katholischen Religion in vielen Zuwendungen an das
Straubinger Karmelitenkloster, wo auch sein Hochgrab ist, aber auch in der
Stiftung eines Legats zur ehemaligen Burgkapelle St. Ulrich auf dem Haidstein,
die er neu erbauen läßt.
Knapp zwei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, die nur aus ihren ersten Ehen
Kinder hatte, heiratet Graf Johann Heinrich in Wien die 29jährige
protestantische Freiin Maria Eleonore von Zinzendorf. Der anscheinend nicht
sehr glücklichen Ehe entstammen sieben Kinder, von denen zwei bald nach der
Geburt verstorben sind.
1663 erbt Graf Johann Heinrich von seinem Onkel Johann Albrecht von Wernberg
die Herrschaft Runding, der er sich nicht lange erfreuen kann, da er schon zwei
Jahre später im Alter von 61 Jahren stirbt.
Seine Haupterben sind die beiden Söhne Wolf Heinrich und Georg Heinrich. Zwei
ihrer Schwestern sind zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet, die zweitjüngste
heiratet 1671. Der im Januar 1647 geborene Graf Wolf Heinrich, der 1669 seine
Studien an der Universität Ingolstadt abschließt, vergleicht sich 1674 mit
seinem jüngeren Bruder, der die Herrschaft Aholming übernimmt, während die
Herrschaft Runding und der Eisenstein an ihn fallen. 1688 wird Graf Wolf
Heinrich, der schon Pfleger und Kastner des wichtigen Gerichts Bärnstein bei
Grafenau ist, vom Kurfürsten Max Emanuel zum Vicedom in Straubing ernannt. Im
selben Jahr erhält er für den Eisenstein, wo er 1700 ein Gold- und
Silberbergwerk errichten läßt, die Hofmarksgerechtigkeit, nachdem er schon 1684
die Bewohner zu einer Dorfgemeinde geordnet hatte. Um 1697 schließt er mit
Kurfürst Max Emanuel einen Vertrag über die Wiedererrichtung des Eisensteiner
Bergwerks, der beinhaltet. daß die Erträge zu gleichen Teilen an die beiden
Vertragspartner gehen. Als der Kurfürst vier Jahre später aus dem Vertrag
ausscheidet, ist er alleiniger Inhaber. Er bemüht sich auch um den geistlichen
Beistand für die mehr werdenden Siedler im Eisensteiner Tal, für die er eine
Kapelle bauen läßt, deren Betreuung er den Zisterziensern von Gotteszell
überträgt. Graf Wolf Heinrich kann mit Fug und Recht als Gründer von sowohl
Böhmisch- wie auch Bayerisch- Eisenstein angesehen werden. 1691 spendet er
bedeutende Mittel zur Errichtung des Ursulinenklosters in Straubing und ein
Jahr später gründet er die noch heute bestehende Armenseelen-Bruderschaft in
Straubing und wird deren erster Präfekt. Seit 1670 ist er mit der aus
Niederösterreich stammenden Eleonora Anna Theresia von Eibiswald verheiratet,
die ihm drei Kinder schenkt. Das sind eine Tochter, die 80jährig als
Klosterfrau bei den Karmeliterinnen zu Wien stirbt, ein Sohn, der spätere Erbe,
und eine zweite Tochter. über die nichts näheres bekannt ist. Im März 1704
stirbt seine Gattin, Wolf Heinrich folgt ihr im Juni 1705 im Tod nach. Beide
werden in der Notthafftischen Familiengruft in der Straubinger Karmeliterkirche
beigesetzt. Eine auf seinem Sarg angebrachte Bleiplatte trägt eine lateinische
Inschrift, die in der deutschen Übersetzung wie folgt lautet:
"Maria! Im Jahre des Herrn 1705 am 18. Juni ist fromm im Herrn verschieden S.
Excellenz der hochangesehene Herr, Herr Wolfgang Heinrich Notthafft, des Hlg.
Römischen Reiches Graf von Wernberg auf Runding, Aholming, Raindorf und
Eisenstein, Sr. Durchlaucht des Kurfürsten von Bayern Kammerherr, Vicedom zu
Straubing und Pfleger zu Pernstein, auch der Bistümer Regensburg und Passau
Erbtruchseß beziehungsweise Erbmarschall und der Armen-Seelen-Bruderschaft zu
Straubing eifrigster Gründer, Beförderer und Wohltäter, welcher hier bestattet
ist, dessen Seele auf ewig Gott lobe. Amen
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Portrait des Grafen Johann Heinrich Franz Emanuel Notthafft v. Wernberg aus
Privatbesitz
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Nach dem Tod von Graf Wolf Heinrich tritt dessen einziger Sohn, der im Januar
1673 auf Schloß Runding geborene Johann Heinrich Franz Emanuel das Erbe an.
Nach einem Studium an der Universität Salzburg wurde er 1699 mit einem
juristischen Thema promoviert und als kurfürstlich bayerischer Regierungsrat -
ohne Besoldung - verpflichtet. Im selben Jahr, als er das Erbe antritt,
eskaliert der Streit um die spanische Erbfolge. Nach dem 1699 überraschenden
Tod des designierten Nachfolgers für den spanischen Thron, Joseph Ferdinand,
dem Sohn des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel, streiten sich Franzosen und
Österreicher um die spanische Krone, woraus der Spanische Erbfolgekrieg
entsteht. Nach der für Bayern verhängnisvollen Schlacht bei Blindheim - Bayern
kämpft auf französischer Seite - besetzen die Österreicher Bayern und der
Kurfürst flieht nach Brüssel. Jetzt muß auch Johann Heinrich Franz Emanuel, der
die Pflege Viechtach bekommen hatte, den Eid auf den Kaiser leisten. Durch sein
Votieren für Böhmen, respektive Österreich erwirbt er sich als Mitglied der vom
Kaiser in den Jahren 1706 bis 1708 eingesetzten Grenzkommission auf bayerischer
Seite keine Freunde, als 1708 die Hofmark Eisenstein zu Böhmen geschlagen wird.
Im Jahr 1709 errichtet Graf Notthafft eine Glashütte, da die Verwertung des
mageren Eisenerzes keinen Gewinn verspricht. Sechs Jahre später errichtet Graf
Notthafft eine weitere Glashütte auf dem Gebiet des heutigen Bayrisch
Eisensteins, wo bald darauf der sagenhafte Aufstieg der bis dahin unbekannten
Hafenbrädl seinen Anfang nimmt.
Die stark angeschlagene Gesundheit von Graf Johann Heinrich Franz Emanuel
veranlaßt ihn zum Ablegen eines Gelübdes, mit dessen Einlösung er bleibenden
Ruhm erwirbt. An Stelle der von seinem Vater errichteten Kapelle, läßt er in
den Jahren 1727 bis 1732 die heutige Pfarrkirche von Böhmisch Eisenstein - im
Volksmund Maria Stern genannt - erbauen. Sowohl der Grundriß, ein sechseckiger
Stern, wie auch der Stern auf dem Kreuz der zentralen schindelgedeckten Kuppel,
haben der Kirche diesen Beinamen verliehen. Am Türsturz des südlichen Portals
ließt man die Inschrift:
"Ex voto Joannis Heinrici comitis Nothafty fundata".
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Die Kirche Maria Stern in Böhmisch-Eisenstein und die Stiftungsinschrift am
südlichen Portal der Kirche
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Der Innenraum der Kirche, die ohne die im Sechseck angeordneten Vertiefungen
einen Durchmesser von knapp 17 Meter aufweist, ist mit einer flachen Decke
eingedeckt. Der Hochaltar, ein schönes Beispiel aus der Zeit des frühen Rokoko,
enthält eine Kopie des Innsbrucker, respektive Passauer Maria-Hilf-Bildes von
Lukas Cranach. Die in den kapellenartigen Vertiefungen stehenden Seitenaltäre
ergänzen das Raumbild in hervorragender Weise. Seit dem Jahr 1776 besitzt die
Kirche den Status einer Pfarrkirche, die bis 1809 zur Diözese Regensburg gehört.
Im September 1705 hatte sich Graf Johann Heinrich Franz Emanuel mit der um drei
Jahre jüngeren Susanna Margaretha Rosalia, Gräfin von Wallmerodt, einer
Schwester der Gräfin von Klenau verheiratet. In der kinderlos gebliebenen Ehe
ist vielleicht mit ein Grund zu sehen, daß die Ehefrau von ihrem Gatten
verlangte, die Herrschaft Runding dem Deutschen Orden zu vermachen, was beim
Tod des Grafen im Jahr 1737 auch tatsächlich geschehen ist.
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Die Kirche Maria Stern auf einer Ansichtskarte um 1910
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Nach dem Tod der Gräfin im Jahr 1757 gelangt die Herrschaft Runding und der
Eisenstein laut Testament an den Grafen Wenzeslaus von Klenau, der Comtur des
Deutschen Ordens und Neffe der verstorbenen Gräfin ist.
Erst nach 22jährigem Streit gegen diese testamentarischen Bestimmungen, die dem
bestehenden Fideikommiss in eklatanter Weise widersprechen, wird 1759 durch das
Reichskammergericht zugunsten der Familie Notthafft entschieden. Alleiniger
Inhaber aller nothafftischen Güter, einschließlich der Hofmark Eisenstein wird
jetzt Johann Joseph Anton Cajetan Notthafft, Freiherr von Weißenstein, "der
gelehrte Herr Antoni".
Als dieser im Alter von 71 Jahren 1767 ohne Kinder stirbt, erbt sein Neffe
Maximilian Cajetan Notthafft, Freiherr von Weißenstein. Dieser bemüht sich zwar
mit besten Kräften um den Erhalt aller Güter, allein die hohen Schulden die auf
dem Gesamtbesitz haften, zwingen ihn Niederhatzkofen und Aholming zu verkaufen.
Als das noch immer nicht zur Tilgung der Schulden reicht verkauft er
schließlich auch die Hofmark Eisenstein um ca. 30.500 Gulden an Johann Georg
Hafenbrädl, einen Sohn des Hans Georg Hafenbrädl.
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Grabmal für Johann Georg Hafenbrädl (+ 1786) in der Kirche von Zelezná Ruda
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Wenn auch die in der Familie Hafenbrädl später verbreitete Legende von einem
Findelkind auf einem Brett mit einem Hafen voll Milch erzählt, das auf dem
Regen angeschwemmt wird, so ist doch die Wirklichkeit weniger prosaisch. Hans
Georg Hafenbrädl wird 1688 als unehelicher Sohn einer Glasmacherstochter in
Zwiesel geboren. Mit Mutter, Stiefvater und Großeltern kommt er nach 1700 zum
Eisenstein und wird in der nothafftischen Glashütte als Lehrling angenommen.
Sein späterer sozialer Aufstieg hängt eng mit der Tilgung seiner unehelichen
Geburt durch die Legitimationsurkunde, die Graf Notthafft im Jahr 1706 dem
tüchtigen Glasmacher ausstellt, zusammen und die eine eheliche Geburt bezeugt.
Schon vierzehn Jahre später pachtet Hans Georg Hafenbrädl von Graf Notthafft
die Hütte.1 Drei Jahre danach hat er schon soviel Geld verdient, daß er auch das
herrschaftliche Gasthaus erwerben kann, mit dem eine Metzger- Bäcker- und
Krämergerechtsame verbunden war und schafft damit, da er keinerlei Konkurrenz
zuläßt, eine zusätzliche sichere Einnahmequelle. 1732 erwirbt er umfangreiche
Waldungen im Eisensteiner Tal. Sein cholerisches Temperament und seine nicht
immer einwandfreien Geschäftsmethoden führen immer wieder zu Zerwürfnissen mit
der Gutsherrschaft, was ihn aber wenig stört, da er die böhmischen
Landesbehörden voll hinter sich weiß. Als er 1769 im hohen Alter von 81 Jahren
stirbt, hinterläßt er seinen sieben noch lebenden Kindern ein ansehnliches
Erbe.
Sein Haupterbe Johann Georg (1726 bis 1786) stellt den Vater bezüglich seines
Geschäftsstrebens sogar noch in den Schatten. Ein dickes Geldpolster ermöglicht
ihm den Aufbau weiterer Glashütten. Seine wirtschaftlichen Erfolge verschaffen
ihm einen geradezu legendären Ruf, was schließlich 1772 mit der Erhebung in den
bayerischen Adel und 1783 in den böhmischen Adel belohnt wird. Als Johann
Georg, Ritter von Hafenbrädl 1786 stirbt, hinterläßt er ein Vermögen von
196.000 Gulden. Fünf seiner Kinder werden 1790 in den erblichen
Reichsfreiherrenstand erhoben.
Die während des Spanischen Erbfolgekrieges durchgeführte Grenzkommission nach
der Eisenstein 1708 zu Böhmen kommt. wird von Bayern als gewaltsame Annexion
nicht anerkannt. Der Streit um den Grenzverlauf schwelt noch lange Jahre weiter
und wird erst 1764 mit dem Beschluß, die Hofmark zwischen Bayern und Böhmen
aufzuteilen definitiv beendet. Das zu dieser Zeit voll entwickelte Gebiet - mit
dem heutigen Böhmisch Eisenstein - fällt damit endgültig an Böhmen, was bei
Bayern verbleibt ist
"Gehölz und Wildernus".
Franz Ignatz I. (1750 bis 1793), ein Sohn von Johann Georg Hafenbrädl, erbt den
bayerischen Teil von Eisenstein und macht sich um den Ausbau, die Besiedlung
und Kultivierung äußerst verdient. Erbe ist sein Sohn Franz Ignatz II. (1781
bis 1827). 1820 wird den Hafenbrädl für Bayrisch Eisenstein die
Patrimonialgerichtsbarkeit II. Klasse verliehen, die 1835 auf Ansuchen der
Inhaber vom Staat abgelöst wird.
Der Sohn von Franz Ignatz II., wieder Franz Ignatz mit Namen (1818 bis 1872)
ist ein schnell hochfahrender, außergewöhnlich streitsüchtiger Exzentriker, der
sich in späten Jahren selbst als "Ignatz III., Tyrann von Bayerisch Eisenstein"
bezeichnet und in einer Nervenheilanstalt stirbt.
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Gegenwärtiger Blick in die Kirche von Zelená Ruda
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Auf ein Gesuch des Freiherrn
von Hafenbrädl wird zum 1. Oktober 1846 die seit 1818 gutsherrliche Gemeinde
vom Landgericht Kötzting abgetrennt und dem Landgericht Regen zugeordnet.
Der Schwager von Franz Ignatz III., der Mann seiner Schwester, die das Gut seit
1853 verwaltet, lebt in Saus und Braus und verkauft das Gut ohne ihre Erlaubnis
an jüdische Holzhändler. Das alles übersteigt ihre Kräfte und sie zieht 1856
den Freitod durch Gift einem Leben an der Seite dieses Mannes vor. Zwei Jahre
später, nachdem auch das Glashüttengut seiner Frau, Ludwigsthal bei Zwiesel
zwangsversteigert wird, setzt er sich unter Hinterlassen eines riesigen
Schuldenberges nach Böhmen ab, wo sich seine Spur verliert.
Später gelangen die ausgedehnten Waldungen um Bayrisch Eisenstein an die
Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen.
Im böhmischen Eisenstein wird Franz Xaver von Hafenbrädl (1800 bis 1873), ein
Neffe von Franz Ignatz, dem tüchtigen Enkel von Hans Georg und Begründer der
Hafenbrädl'schen Dynastie, Herr auf Eisenstein. Der unscheinbare und ängstliche
Mann schätzt ein stilles, friedliches und sorgloses Leben. Die
Auseinandersetzungen mit den Untertanen, die vor allem nach 1848 mehr Rechte
begehren, sind ihm höchst zuwider und so verkauft er, da er keine Kinder hat
1852 das böhmische Gut Eisenstein für 228.000 Gulden an den Fürsten von
Hohenzollern-Sigmaringen und zieht zu seinem Neffen Alois nach Regensburg, den
er für äußerst befähigt hielt, ihm bei der Anlage seines Vermögens, um das er
immer bangte, behilflich zu sein. Alois Freiherr von Hafenbrädl ist Richter am
Bezirksgericht und Landtagsabgeordneter. Er veranlaßt seinen Onkel zu einer
Testamentsänderung, durch die dessen zahlreiche Neffen alle Ansprüche verlieren
und das gesamte Erbe an ein angeheiratetes böhmisches Grafenhaus und eine
entfernte Verwandte seiner Mutter geht. Nach dem Tod von Franz Xaver von
Hafenbrädl im Jahr 1873 gibt es durch alle Instanzen eine Vielzahl von
Prozessen, die von den engeren Familienmitgliedern ausnahmslos verloren werden.2
Herbert Maurer 2003
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Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 5, Landgericht Kötzting,
München 1953;
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2
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Alle Angaben und Daten zur Geschichte der Hafenbrädl auf Eisenstein aus
"Aufstieg und Fall einer deutschen Familie" von Hans Joachim Häupler, München
1986.
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