Wappen Notthafft Familie Notthafft
Notthafft-Exkursion 2001
11. Mai

Im erst jüngst vorbildlich renovierten Landgasthof Stieglmühle bei Poppenreuth nahm die diesjährige Notthafft-Exkursion mit einem opulenten Mittagsschmauß ihren Anfang. Die Teilnehmer, die sich herzlich begrüßten und sich viel zu erzählen hatten, waren von der gelungenen Renovierung des historischen Mühlanwesens sowie über die weiteren Planungen zur Gestaltung des Umfeldes sehr angetan.
Auf beste Weise gestärkt, führte uns der Weg zunächst hinauf auf den Weißenstein, wo uns die beiden Norberts von der Gesellschaft Steinwaldia über die jüngsten Arbeiten und Ausgrabungen sowie über die weiteren Vorhaben im Bereich der alten Notthafft-Burg informierten.
Die Pfarrkirche St. Margaretha und das Schloß in Brand
Die Pfarrkirche St. Margaretha und das Schloß in Brand
Im Laufe des Rundganges gesellte sich Frau Baronin v. Gemmingen-Hornberg mit ihren beiden ältesten Enkelkindern zur Corona und begrüßte uns im Namen ihrer Familie.
Nach etwa 2 Stunden in der Burgruine ging es dann weiter nach Brand bei Marktredwitz, wo uns Pfarrer Häberlein durch die Kirche führte. Vor allem der seit einigen Jahren wieder in der Kirche aufgestellte Kanzelaltar, mit der seltenen Anordnung von je 16 Ahnenwappen der Familien Marschall v. Altengottern und v. Brand zu beiden Seiten des Kanzelkorbes erregte die Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Helmut Meissner aus Himmelkron, der sich über Jahrzehnte mit den Kanzelaltären in Oberfranken beschäftigte, würdigte in seiner Abhandlung den Brander Altar als einen der ältesten Kanzelaltäre dieses Raumes. Brand war der Stammsitz des gleichnamigen, einst in Franken, Bayern und Böhmen weitverbreiteten Geschlechts; die ehemaligen drei Edelsitze im Ort lassen sich vom 14. bis in das 19. Jahrhundert als Afterlehen der Familie Notthafft nachweisen. Sein heutiges Aussehen erhielt der weitläufige Schloßkomplex durch Umbauten im 19. und 20. Jahrhundert.
Unser nächstes Ziel Schirnding, war einst vollständig im Lehensbesitz der Familie v. Notthafft. Die v. Schirnding und v. Brand sind aufgrund der ähnlichen Wappen als Stamm- und Schildgenossen anzusehen. Der Ansitz des noch 1454 in Schirnding nachzuweisenden Friedrich Schirntinger kam wenig später in bürgerliche Hände und diente über Jahrhunderte als Gasthof "Zur Goldenen Traube". Heute ist in dem unmittelbar neben dem Rathaus gelegenen Gebäude die Schmidt-Bank untergebracht.
Auf unserem Weg nach Hohenberg a. d. Eger machten wir einen kurzen Abstecher nach Bayerisch Fischern, wo die Röslau in die Eger mündet, und zur Karolinenquelle. Dieser direkt an der Grenze zu Böhmen gelegene Säuerling führt ein besseres Wasser als wir vermuteten und wurde von zahlreichen Leuten die uns begegneten, in großen Mengen nach Hause getragen.
Nun besuchten wir die noch am besten erhaltene Burg im Fichtelgebirge und einst zweitgrößte Festung der Hohenzollern im Fürstentum
Die Freiungssäulen und der Felsenturm von Burg Hohenberg
Die Freiungssäulen und der Felsenturm von Burg Hohenberg
Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth, die Burg Hohenberg. Diese war der Stammsitz der mit den Notthafften verschwägerten Familie v. Hohenberg. Heute wird die gepflegte Burganlage von zahlreichen Jugendlichen belebt, denn die Burg dient seit den 50er Jahren als Jugendherberge. Die vier Freyhungssäulen, die heute im Burghof zu einem Viereck mit etwa 6 Metern Seitenlänge aufgestellt sind und so durchaus an einen Galgen erinnern, standen ursprünglich - bis zur Aufhebung des Asyls 1796 - an den Ortseingängen Hohenbergs und markierten die Grenzen des "Freistatt". Kam ein flüchtender, von seinen Verfolgern gehetzter Straftäter in den Bereich einer dieser Säulen und konnte seinen Hut darüber werfen, so wurde ihm Asyl gewährt. Im Bereich der nördlichen Ringmauer war auch noch ein Stück des alten, in Fachwerkbauweise errichteten Wehrganges zu bewundern; nur die moderne Metallaußentreppe am Fürstenhaus ist stilwidrig, wird aber zum Glück von einem Baum weitgehendst verdeckt. Vom Felsenturm aus bot sich uns ein erster weiter Blick ins Egerer Becken, bis hinauf nach Maria Kulm. Ein anderer der fünf Befestigungstürme ist der Storchenturm. Das Storchenpärchen konnten wir beim Verlassen der Burg kurz sehen, dann flogen die beiden zur Futtersuche ins Böhmische.
Nun fuhren wir wieder westwärts und sahen nach geraumer Zeit die Türme von Thierstein vor uns, wendeten uns jedoch nach Süden, wo wir den Burgstall Neudürrlas besuchten. Der Burgwall zeigt noch deutliche Spuren der einstigen Befestigung und vor allem im Westen haben wir einen sehr tiefen Steilhang, der unten von einem Bach umflossen wird. Diese Anlage ist als Vorgänger der Burg Thierstein anzusehen und hatte somit schon sehr früh keine strategische Bedeutung mehr.
Das Ensemble um das
Das Ensemble um das "Burghaus" in Thiersheim
Danach fuhren wir in den Marktflecken Thiersheim und parkten dort gleich neben den drei Notthafft-Häusern. Das oberste davon hat einen wehrhaften Charakter, wird auch als "Schloß" bezeichnet und war früher durch einen Gang mit der benachbarten Pfarrkirche St. Ägidius verbunden. Hier fiel uns gleich die sonderbare Form des Turmhelms auf, von dem wir glaubten, daß er "schöps" auf dem Turme sitzt. Bei genauerem Hinsehen wurde uns jedoch manches klarer, aber der Gesamteindruck der Kirche samt Umgriff ist eine architektonische Seltenheit. Durch das Kirchenportal kamen wir zunächst in einen rechteckigen gewölbten Raum mit vier mächtigen Säulen, von denen zwei noch Stifterinschriften aufweisen. An der Orgelempore war auch ein Lobspruch samt rotem Adler auf Markgraf Georg den Gründer angebracht. Heute steht die Orgel allerdings unpassend auf der nördlichen Empore und verdeckt das nordöstliche Kirchenfenster. Hinter der schönen Kanzel mit Ölgemälden am Kanzelkorb und am Aufgang gibt es zu beiden Seiten je einen Chor mit gotischem Gewölbe, wobei der kleinere im Norden in das Untergeschoß des Kirchturmes integriert ist und durch seinen Fünfachtelschluß die etwas eigenartige Form dieses Turmes verursacht. Die ursprünglich romanische Chorturmkirche (auf der Nordseite der Kirche ist - von der Außenseite sichtbar -sogar noch ein zugesetztes romanisches Rundbogenfenster erhalten) wurde in der Gotik zu einer dreischiffigen Hallenkirche mit zwei Chören umgestaltet. Wir verließen die Kirche wieder, machten noch einen Gang außen herum und gingen über die große Treppe im Süden zu unseren Autos. Beim Blick zurück wurde uns noch einmal das Wehrhafte dieses Ensembles sehr deutlich.
Die letzte Station an diesem Tag war das Steinwaldgasthaus Rosenberger in Harlachberg, wo wir als erstes unsere Zimmerschlüssel abholten, denn hier wollen wir zweimal übernachten. Nachdem wir uns kurz frisch gemacht hatten, trafen wir uns in der Gaststube zum Abendessen und saßen noch lange gemütlich beieinander, denn der Gesprächsstoff geht bei Notthafftologen nicht aus. Und da wir am nächsten Tag nicht zu früh wieder los mußten, ließen wir die Geselligkeit auch nicht zu kurz kommen.
12. Mai

Am anderen Morgen kamen die Freunde nach und nach zum Frühstück und auch unser Fahrer, Herr Max Küffner aus Nagel, gesellte sich zu uns. Um 8.30 war Abfahrt und gut gestärkt fuhren wir Richtung Grenze.
Der Schwarze Turm der Burg Eger
Der Schwarze Turm der Burg Eger
Wir wählten den Grenzübergang nach Hundsbach, Waldsassen – Heilig Kreuz und hatten kaum Wartezeit. Das erste Ziel war die alte Stadt Eger (Cheb), wo uns der Max in der Nähe des ehemaligen Franziskanerklosters aussteigen ließ. Dort ist heute das Egerer Kreisarchiv untergebracht und unser Mitnotthafftologe Karel Halla ist dort beschäftigt. Er hatte extra für uns auch am Samstag die Pforten geöffnet und uns eine Anzahl von Urkunden zur Geschichte der Familie Notthafft im Egerland bereitgelegt. Auch gab es in der Halle eine Büste von dem früheren Archivar Karl Siegl und von seinem Vorgänger Heinrich Gradl sahen wir in einer Vitrine seine Filzpantoffeln, sowie seinen Schreibtisch, den er zum Bett umfunktionieren konnte.
Danach gingen wir zur Egerer Burg, wo Harald Stark und Karel Halla die Führung durch die ehemalige Kaiserpfalz und die Doppelkapelle übernahmen. Südlich des Schwarzen Turmes gab es ein kleines Museum für Fayencen, in dem auch ein herrlicher Kachelofen mit Motiven aus dem Leben der Egerländer und Wappen der böhmischen Städte zu bewundern war. Uns Spezialisten fiel selbst auf einige Meter Entfernung das Notthafft-Wappen als Teil des Wappens von Wildstein an diesem Ofen auf. Nun bekamen wir Hunger und Karel führte uns zu einem Lokal. Innen ging es durch soviel Gänge und stets nach unten, so daß wir erst glaubten, er führt uns in ein Verließ, aber wie durch ein Wunder kamen Getränke und beste Speisen durch dieses Labyrinth sehr schnell zu uns.
Nach dem Mittagessen verließen wir die Stadt Eger nach Norden und sahen links Franzensbad und vor uns den Kapellenberg, welcher bereits im Sächsischen liegt. Dann ging es östlich weiter nach Wildstein (Skalná). Hier ist die Keimzelle des Geschlechtes Notthafft im Egerland, von hier aus begann die großartige Karriere dieser Familie, wie sie vor allem durch die Forschung von Harald Stark dokumentiert ist, von uns nun lebendig durch diese Exkursionen nachvollzogen und im Jahre 2006 bei der Notthafft-Ausstellung im Egerland Kulturhaus in Marktredwitz ihre Krönung bekommen wird.
Der romanische Kapellenbau der Burg Wildstein
Der romanische Kapellenbau der Burg Wildstein
Bis zum Jahre 1298 waren die Notthafft auf Wildstein, dann übernahm der Schwiegersohn Jan Rabe die Burg. Dieses aus Mechelgrün im Vogtland stammende Geschlecht nannte sich nun "Raab von Wildstein" und die Säcke von Geilsdorf führten aus diesem Hause mehrmals ihre Frauen heim. So hat auch der Teilnehmer Norbert Sack einen Bezug zu dieser Burg.
Eine Delegation erwartete uns schon und bereitete unserer sehr verehrten Frau Baronin Marie Therese Notthafft von Weißenstein einen wahrhaft königlichen Empfang. Es gab eine tolle Begrüßung mit Blumen; der Bürgermeister mit Amtskette, der Schloßbesitzer und viele andere luden uns nun zu einer Besichtigung ein. Wir staunten und freuten uns über die neue, vielseitige Nutzung. Dann wurde alles bis zum tiefsten Keller inspiziert. Im nunmehrigen Heizungskeller – im Kellergeschoß des ältesten Teils der Burg gelegen – wurde uns auch ein Loch in der Wand gezeigt, in dem man ein menschliches Skelett gefunden hatte, das zur Zeit in Prag antropologisch untersucht wird, später aber wieder am Fundort bestattet werden soll. Die Burg zeigt besonders im Bereich der Kapelle noch umfangreiche romanische Bausubstanz, die in die Zeit vor 1200 zu datieren ist. Frau von Notthafft wurde mit Ölgemälde und Goldrandteller beschenkt und trug sich nun in das Gästebuch und in die Chronik des Hauses ein. Sie wurde auch gebeten, zur Einweihung des Burgrestaurants am 14. Juni 2001 als Ehrengast das Band zu durchschneiden.
Der Bürgermeister begleitete uns noch zum Friedhof, wo uns vor allem die alte Kirche interessierte. Dieses dem heiligen Sebastian geweihte Gotteshaus war im 17. Jahrhundert als Dank für die Abwendung der Pest gestiftet worden. Von der ehemaligen Ausstattung ist außer dem Gestühl und dem Unterbau des Altars nicht mehr viel übrig geblieben; im Chor allerdings waren allerdings der noch farbig gefasste Epitaph des Herrn Christoph Friedrich von Hertenberg auf Altenteich (+ 4. April 1666 im 41. Lebensjahr), sowie die Grabsteine des Hans Andreas von Trauttenberg, gestorben im Alter von 53 Jahren, des Kaspar von Wirsberg auf Wildstein, gestorben 1607 mit 55 Jahren und der eines weiteren Herrn von Trauttenberg zu bewundern.
Die gewölbte Torhalle von Burg Altenteich
Die gewölbte Torhalle von Burg Altenteich
An der Außenwand der Kirche sowie auf dem Friedhof gegenüber des Kirchenportals sind Grabdenkmäler von den vorletzten Besitzern Wildsteins, der Familie Wilhelm von Helmfeld erhalten.
Diese hatten auch zuletzt das nahe Altenteich (St. Rybnik) besessen, das unsere nächste Station war. Das sehr heruntergekommene Rittergut wird zur Zeit noch von Zigeunern bewohnt. Unser Augenmerk galt aber mehr der benachbarten Burgruine der Raben, die von Wildstein aus um 1360 diese Burg erbaut hatten. Es ist noch viel, zum Teil auch sehr hohes Mauerwerk vorhanden, auch gewölbte Räume. Doch man kann fast zusehen, wie das Gewölbe bald einbrechen wird. Sonst ist die Anlage herrlich von zwei Teichen umgeben, die von Baumbestand und wilder Natur stark eingewachsen sind. In dieser romantischen Umgebung fühlen sich auch die Dorfkinder wohl und spielen gern in der Ruine. Die Ehemalige Schloßkapelle neben dem Gut wurde in den letzten Jahren aller kirchlichen Einrichtungen beraubt.
Von dem einst ebenfalls ganz unter notthafftischer Lehensherrschaft stehenden Dorf Ottengrün, auch Ottengründörfel (Otov) genannt, sind heute nur noch Bodenwellen und einzelne Mauersteine auszumachen. Der Ort wurde nach 1950 aufgelassen. Heute wird er lediglich von einigen Bienenvölkern bewohnt. An der Straße zwischen Voitersreuth und Haslau, wo wir unseren Bus abgestellt hatten, machte Norbert Reger eine aufregende Entdeckung: "Dou drim siaht ma ja an Staawold!" Den Exkursionsteilnehmern wurde klar, wie nahe die räumliche Beziehung zwischen dem ursprünglichen Kolonisationsgebiet der Familie Notthafft um Wildstein und der späteren Herrschaft Weißenstein doch ist.
Die ehemals egerische Burg Seeberg (Ostroh) haben wir uns nur von außen angeschaut. Im Bereich des Torhauses sind einige Wappen der früheren Besitzer angebracht, darunter befindet sich das Wappen derer v. Brandt. Die Burg wurde in den letzten Jahren aufwendig restauriert.
Schloß Liebenstein
Schloß Liebenstein
Das dabei entstandene Interieur wurde von Dr. Sebesta einmal als "quasipseudoneohistoristisch" charakterisiert. Wir betraten noch die Eingangshalle der Schloßwirtschaft, in welcher man malerische Stiche von egerländischen Burgen sehen konnte.
Das nächste Ziel war Liebenstein (Libá). Die Liebensteiner waren eine mit den Notthafft verschwägerte Familie und stammten ursprünglich höchstwahrscheinlich aus dem am Fuße des Haidsteins gelegenen Dorf Liebenstein bei Runding, von wo aus sie zusammen mit den stammverwandten Herren von Haidstein, den Wetterfeldern, den Paulsdorfern und anderen Ministerialen im Gefolge des Markgrafen Diepold III. in das Egerland kamen. Hier gründeten sie den Sitz Liebenstein bei Tirschenreuth und 1264 wird mit "Rupertus de Nuen libenstein" das heute noch egerländische Liebenstein erstmals erwähnt. Nach dem Tode des letzten Liebensteiners um 1291 hatte "Neuliebenstein" eine recht dunkle, unstete Geschichte. Von 1425 bis 1945 waren dann die Herren von Zedwitz im Besitz des Schlosses. Das Wappen der Zedwitze war auch an einem neuzeitlichen Hoftor in der Nachbarschaft der Schloßruine aufgemalt. Markant ist der hohe Schloßturm. Dann fiel uns vor allem auf, daß das hohe Schloßdach nur zu etwa einem Viertel neu eingedeckt war und oben lagen die Ziegelpakete, als ob man erst gestern noch Dach gedeckt hätte. Es ist jedoch schon drei Jahre her, seit die Arbeiten eingestellt wurden, denn die 10 Millionen Kronen der gegenwärtigen Besitzerin waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein: "Sie haben sich verplant, Madame ..." Der Text aus jenem Lied würde hier zutreffen.
Nun ging es weiter nach Markhausen (Pomezná). Hier hatten die Notthafft zahlreichen Lehensbesitz, was in der Exkusionsmappe nachgelesen werden kann. Darunter war auch die Mühle, mit 3 Mahlgängen. An
Der Frankenturm in Markhausen
Der Frankenturm in Markhausen
Stelle des alten Mühlanwesens steht auch heute noch ein Gebäude, das allerdings einen recht neuen Eindruck machte. Unweit steht in einem privaten Grundstück der Rest des alten Burgturms, der auch Frankenturm oder Kasten genannt wird. Außer der Mühle und dem Turm ist von der Ortschaft nicht mehr viel übrig geblieben. Ein kleiner Hund betrachtete uns als Eindringlinge und bellte aus Leibeskräften. Doch die Besitzer erkannten unsere guten, rein wissenschaftlichen Absichten, so daß wir uns den Turm etwas genauer ansehen konnten. In der Mitte des Bodens war eine Öffnung wie zu einem Verließ, ohne Lampe wollten wir jedoch nicht hinunter gehen. Auch eine Schrift oder Jahreszahl konnten wir nirgends entdecken, jedoch bei einem Rundumgang mehrere Schießscharten.
Nun spürten wir schon leichte Müdigkeit und manch einer verschlief den Grenzübergang und wachte erst wieder beim "Rosenbock", unserem Steinwaldwirt, wieder auf. Hier trafen sich nach kurzer Erfrischung alle wieder im Nebenzimmer, denn in der Gaststube feierte man eine Hochzeit.

13. Mai

Am Sonntagmorgen starteten wir zur gleichen Zeit, nahmen jedoch diesmal den Grenzübergang Schirnding. Unser erster Besuch galt dem Dorf Nebanitz (Nebanice) mit seiner Kirche St. Oswald, wo wir schon von Kaplan P. Premysl Famera und von Herrn Dr. Boldt aus Eger erwartet wurden. Kaplan Famera gehört dem böhmischen Orden der Kreuzherren mit dem roten Stern an. Das Abzeichen war an seinem schwarzen Talar zu sehen. Da er nur tschechisch spricht, machte uns Herr Dr. Boldt mit der Geschichte und Kunst in der Kirche bekannt. Besonders der nun schon recht wurmstichige Akanthusaltar von Karl Stilp, bekannt als Schöpfer der Klosterbibliothek in Waldsassen, erregte unsere Aufmerksamkeit.
Der Akanthus-Altar von Karl Stilp in Nebanitz
Der Akanthus-Altar von Karl Stilp in Nebanitz
Der junge Kaplan, der auch die Gläubigen von Königsberg an der Eger betreut, hatte vor drei Jahren die Kirche von dem in ihr abgestellten zahlreichen Gerümpel räumen und sie gründlich reinigen lassen, um sie wieder für Gottesdienste nutzen zu können. Glücklicherweise fand sich vor Ort eine Familie, die das Amt des Kirchenpflegers übernahm. Heute werden die zwischenzeitlich regelmäßig gehaltenen Messen in Nebanitz von einigen zwar wenigen, aber treuen Gläubigen besucht. Leider wurde in den vergangenen Jahren mehrmahls in der Kirche eingebrochen und dabei die ehemals vor dem Chor im Kirchenschiff aufgehängt gewesene Strahlenkranzmadonna und andere bewegliche sakrale Kunstgegenstände gestohlen. So haben wir dem Geistlichen Hilfe bei der Beschaffung von Bildmaterial zur Rekonstruktion der ehemaligen Ausstattung der Kirche zugesagt. Norbert Sack hatte im Friedhof einige Gräber der Familie Glückselig entdeckt und fotografiert. Auf Nachrichten über diese Familie war er schon am Vorabend in einem alten Buch von 1845 gestoßen, das ihm Baron v. Bechtolsheim geliehen hatte. Abschließend erhielten alle Teilnehmer von Kaplan Famera den Segen. Dieser Kaplan hatte wirklich eine ganz besondere Ausstrahlung.
Eigentlich wollten wir durch den Kaiserwald fahren, doch der vorgerückten Stunde wegen fuhren wir gleich nach Birndorf (Hrušková), ehemals Nothaftsgrün. Das Dorf, das sich beiderseits der Straße einen Hang hinaufzieht, war ehemals ganz in notthafftischem Lehensbesitz. Unter den vielen relativ kleinen Wohnhäusern, die überwiegend im Stil des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts errichtet sind, fiel auch ein ansehnlicher Hof in Fachwerkbauweise auf.
Schloß Falkenau
Schloß Falkenau
Dann ging es weiter nach Falkenau (Sokolov). Dort ließ uns der liebe Max am Marktplatz aussteigen und wir hatten nur wenige Schritte bis zum Gasthaus "Koruna", das von außen gar nicht so vielversprechend aussah. Innen angekommen, waren wir angenehm überrascht und als wir uns die Speisekarte anschauten, hat`s uns fast umgehauen. Da stand doch z. B. ein "Peitschenhieb des Samurai" auf der Karte, Harald Stark aß "südliches Huhn" und daß Herr v. Bechtolsheim sein Essen überlebt hat, verdankt er nur seiner guten Konstitution. Er verzehrte doch tatsächlich ein Gericht namens "Totschläger".
Zum Schloß, welches nun ein Museum beherbergt, war es nicht sehr weit. Die viertürmige Anlage ist in gutem Zustand; von hier aus gründeten im 13. Jahrhundert die Notthafft ihren Falkenauer Herrschaftsbereich. Das umfangreiche, vielseitige Museum ist sehr schön aufgebaut und die Exponate, Modelle, Karten und zum Teil auch in Deutsch verfaßten Texte hinterließen einen bleibenden Eindruck bei uns.
Nun führte uns unser Programm zu einem herrlichen Stückchen Erde, nämlich nach Hartenberg (Høebeny / Hartenberk), Stammsitz des Geschlechtes der Hertenberger,
Burg Hartenberg 1992
Burg Hartenberg 1992 (vor der Zerstörung des Turmdaches)
deren Wappen auch am Brander Altar mit dabei war. Wir mußten ein Stückchen laufen, dann kam uns schon der Besitzer der Schloßruinen entgegen. Er sprach ganz gut deutsch und für größere Konversationen hatten wir ja unseren Karel als Dolmetscher. Noch bevor wir in den Schloßbereich kamen, hatten wir an Hand von Unterlagen und Berichten einen guten Eindruck davon gewonnen, was hier im letzten Jahrhundert alles passiert ist. So bewohnten die Freiherren von Kopal das Schloß noch bis zur Vertreibung 1945. Dann überließ man alles, auch die Schloßbrauerei und Wirtschaftsgebäude im Tal dem Verfall. Dem Schloß wurde erst 1985 durch Brandstiftung ein nicht wieder gut zu machender Schaden mutwillig zugefügt. Es ist einesteils sehr traurig, wenn man mit solchem Wissen durch den Schutt und die Ruinen geht, doch kamen wir auch ins Schwärmen, als wir auf der oberen Terasse des verwilderten Gartens uns in die Zeit zurückversetzten, als Johann Wolfgang v. Goethe hier manche schöne Tage als Gast verbringen durfte. Auch ist es uns ein Trost, daß die Natur dieses Kleinod wie einen Edelstein in ihrer guten Hand verbirgt und letztendlich immer stärker war und ist als die Torheit mancher Menschen
Der Akanthusaltar in Gossengrün
Der Akanthusaltar in Gossengrün
Das vorletzte Ziel unserer Fahrt war die in der ehemaligen Herrschaft Hartenberg gelegene Ortschaft Gossengrün (Krajková). Die Kirche machte schon von außen einen recht neu renovierten Eindruck. Im Inneren überraschte uns dann ein kolossaler holzgeschnitzter Akanthusaltar, dessen Gemälde aus der Schule Raffaels stammen sollen. Aber auch die äußerst qualitätvollen manieristischen bzw. frühbarocken Seitenaltäre dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Das Innere des Gotteshauses stand dem Äußeren in nichts nach und machte einen äußerst sauberen und gepflegten Eindruck.
Als Abschluß hatte Karel für uns noch eine Führung durch die Wallfahrtskirche Maria Kulm (Chlum sv. Máøí) bestellt.
Die Schöne Madonna in Maria Kulm
Die Schöne Madonna in Maria Kulm
Unsere Führerin stammte nach ihrem Bericht ursprünglich aus dem Egerland, wuchs aber nach der Vertreibung in Holland auf, wo sie einen Landsmann kennen lernte, den sie heiratete und mit dem sie dann wieder in die alte Heimat zurückkehrte. Maria Kulm gilt noch immer, bzw. jetzt wieder als der meistbesuchte Wallfahrtsort im Egerland. Besonders beindruckend ist die hervorragend renovierte Gnadenkapelle, die als ältester Teil der gesamten Klosteranlage (Propstei der "Kreuzherren unter dem Roten Stern" an der Karlsbrücke in Prag) im Jahr 1666 errichtet wurde. Das Gnadenbild, das aus dem Jahr 1280 stammt, ist in einem prachtvollen und reichen Altaraufbau untergebracht. 1690 bis 1702 wurde die große Wallfahrtskirche errichtet, die mit wertvollen Fresken von Elias Dollhopf ( * 1703 in Tachau + 1773 in Schlaggenwald) geschmückt ist. Daneben sind vor allem die großen, äußerst qualitätvollen Heiligenstatuen zu erwähnen; vor allem aber eine sogenannte "Schöne Madonna" (Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert) auf dem linken Seitenaltar der Wallfahrtskirche, deren Liebreiz kaum zu überbieten ist.

Norbert Sack und Harald Stark, September 2001



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