Wappen Notthafft Familie Notthafft

Ein Besuch in Wildstein 1993

Am 22. Juni 1993 stand anläßlich eines Besuches von Freifrau Maria Therese Notthafft von Weißenstein in Kulmbach auch eine Besichtigung von Wildstein auf dem Programm. Gegen 10 Uhr trafen wir, Frau v. Notthafft, Herr Dr. Hartmann Frhr. v. Bechtolsheim, dessen Gemahlin und ich, mit Herrn Franz Schmitzer aus Lorenzreuth zusammen. Herr Schmitzer, ein gebürtiger Wildsteiner, hatte sich dazu bereit erklärt uns zu führen.
Den Eingang in den Bereich der Vorburg vermittelt eine ehemals von Kreuzgratgewölben überdeckte Torgasse, welche durch das wohl aus Trautenberger Zeit stammende neue Schloßgebäude führt. In diesem war bis zur Vertreibung das Gericht samt Gefängnisräumen untergebracht. Wohl noch bis in die 60er Jahre war das Gebäude mit einem Mansardendach versehen. Heute ist es eine Ruine. Den ältesten Teil dieser "Vorburg" bildet das als Risalit aus dem Schloßbau hervortretende äußere Torgebäude, das im Erdgeschoßbereich aus bossierten Quadersteinen aufgeführt ist. Auch das Gewände des Torbogens selbst, weist auf eine Entstehung in romanischer Zeit.
Am "Höllenhund", einem sehr kleinen aber auch sehr angriffslustigen Vierbeiner - er hat schon einmal Dr. Friedrich Wilhelm Singer aus Arzberg in die Ferse zu beißen versucht! - vorbei, ging es dann zur Hauptburg, deren Tür uns die Kulturdezernentin der Gemeinde Wildstein öffnete. Wie Herr Schmitzer darlegte, ist der heutige Zugang erst spät entstanden. Ursprünglich war die Burg durch ein Torgebäude südlich des Bergfrieds zu betreten. Der heutige Eingang wurde wohl erst im 19. Jahrhundert durch die Apsis der Burgkapelle gebrochen, als die alte Burg zum Malzhaus umgebaut wurde. Es handelte sich um eine wohl einst flachgedeckte Stufenkapelle, in welcher die Herrschaft in einem erhöhten Raum gegenüber der Apsis Platz hatte, während die anderen Gottesdienstbesucher niedriger, direkt vor dem Altarraum saßen. Neben dem Kapellenbau und dem genannten Bergfried, dessen Außenmauern ebenfalls Buckelquader aufweisen, zählt noch das erwähnte Torgebäude, sowie das zwischen Torgebäude und Kapelle errichtete "steinerne Haus", das als ursprünglich alleiniges Palasgebäude allerdings zu klein erscheint, zu den ältesten Bauteilen der Burg. Wahrscheinlich waren noch die Räume im Obergeschoß des Torhauses zu Wohnzwecken genutzt. Der übrige Raum der Felsklippe war mit einer Wehrmauer umfriedet, die eine geringere Dicke als die höheren ursprünglichen Wohnbauten aufweist. Später, wohl im 13. Jahrhundert, wurde dann auf der Nordwestseite der Felsklippe, gegenüber von Kapelle und dem "steineren Haus" ein gotisches Palasgebäude errichtet, das im Erdgeschoß noch sehr imposante Gewölbe aufweist. Der übrig gebliebene Lichtraum wurde erst später überbaut. Der sich südlich an den gotischen Palasbau anschließende, im Osten vom Torgebäude begrenzte Raum, weist ein Kappengewölbe mit Gurtbögen auf, das wahrscheinlich erst aus dem 17. Jahrhundert, oder noch späterer Zeit stammt.
Das Kellergeschoß war uns leider nicht zugänglich. Der Grundriß der Burg zeigt jedoch, daß nur die ältesten, aus romanischer Zeit stammenden Gebäudeteile unterkellert sind. Der sich bis unter den Bergfried hinziehende, östlichste Kellerraum, stammt aus jüngerer Zeit und wurde als Bierkeller genutzt. Ebenso wurde von Norden her ein heute wieder vermauerter Zugang zu den alten Kellern des Burggebäudes in jüngerer Zeit gebrochen.
Das zum Teil bereits beschriebene Erdgeschoß weist überwiegend Kreuzgratgewölbe auf. Das "steinerne Haus", das etwa eine halbe Geschoßhöhe höher liegt, als die übrigen Bauteile der Hochburg, ist - ebenso wie das südlich daran anschließende Torgebäude - im Erdgeschoßbereich tonnengewölbt. Im südwestlichsten Raum des Erdgeschosses mit dem bereits beschriebenen Kappengewölbe wurde ein Stützpfeiler angebracht. Hier befindet sich insgesamt die gefährdetste Stelle des alten Burggebäudes, da die relativ dünne Wehrmauer des Lichthofes ohne Verstärkung bis in das 2. Geschoß hochgezogen wurde und dieser Mauerabschnitt seiner statischen Belastung nicht gewachsen ist. Diese Schwachstelle soll durch einen Betonkranz im Bereich der Dachschwelle gesichert werden.
Die Decken des ersten und zweiten Obergeschosses fehlen. Nur noch die Unterzugbalken, die zum Teil schöne Profilierungen tragen, erinnern noch an die ehemals hier vorhandenen Balkeneinschubdecken. Diese stammen - den Profilen der Unterzugbalken nach zu urteilen, warscheinlich aus dem 17. Jahrhundert, ebenso wie wohl auch der Dachstuhl des Gebäudes. Das 1. Obergeschoß weist zahlreiche Mauerrisse auf. Mehrere vor etwa 5 Jahren angebrachte Gipsbrücken schließen jedoch jüngere Mauerbewegungen aus. Wenn sich die Sicherungsarbeiten jedoch noch länger hinauszögern, wird der Bestand vor allem des südwestlichsten Gebäudeteils allerdings akut gefährdet. Das 2. Obergeschoß war, bedingt durch die fehlenden Fußböden, nicht zu betreten.
Nach dem Mittagessen stieß der Wildsteiner Bürgermeister, Herr Prochatzka zu uns. Er berichtete, daß eine Schweizer Firma in Wildstein einen Golfplatz mit Hotel etc. errichten möchte, und daß dabei wohl auch eine Sanierung der alten Burg möglich wäre. Der Tag endete mit einem Besuch im Amtszimmer des Bürgermeisters und mit einer kurzen Visite in der Wildsteiner Kirche. Es ist zu hoffen, daß die Pläne des Bürgermeisters Früchte tragen werden, nicht nur für die Erhaltung der alten Burg, sondern vor allem für die Bevölkerung seines Ortes.
Harald Stark
Ostseite der Kernburg mit Bergfried und Eingangsportal
Die Ostseite der Kernburg mit dem Bergfried und dem heutigen Eingangsportal
Südseite des alten Burggebäudes
Die Südseite des alten Burggebäudes
Tor zur Vorburg
Das wohl romanische Tor zur Vorburg


Burg und Pfarrkirche in Wildstein 1993
Die Burg und die Pfarrkirche St. Johannis in Wildstein 1993
Nordseite der Kernburg
Die Nordseite der Kernburg
Romanische Fenster auf der Nordseite der Kernburg
Zugesetzte romanische Fenster auf der Nordseite der Kernburg


Ruine der Vorburg
Die Ruine der Vorburg
Eingestürzte Torhalle der Vorburg
Die eingestürzte Torhalle der Vorburg
Im Romanischen Palas
Im Romanischen Palas (Raum hinter dem Bergfried)


Tonnengewölbter Raum mit Stichkappen
Tonnengewölbter Raum mit Stichkappen am Übergang zwischen den romanischen und frühgotischen Bauteilen
Schweres gotisches Kreuzgewölbe
Ein schweres gotisches Kreuzgewölbe im Erdgeschoss der Kernburg
Auf einer zierlichen Mittelsäule ruhendes Kappengewölbe
Ein aus Ziegeln errichtetes auf einer zierlichen Mittelsäule ruhendes Kappengewölbe (17./18. Jahrhundert) im südwestlichen Raum des Erdgeschosses.


Blick durch die Deckenbalken der Obergeschosse
Blick durch die Deckenbalken der Obergeschosse
"Die Besucher" vor der Wildsteiner Kirche
"Die Besucher" vor der Wildsteiner Kirche


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