Samstag 20. Oktober 2012:
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Das Familiengrab von Ernst Albrecht Notthafft Frhr. v. Weißenstein auf dem
Münchner Waldfriedhof
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Wie man in den Medien erfahren konnte, hat es schon lange kein so warmes und
aushaltend sonniges Herbstwetter gegeben, wie in diesem Jahr. Dies war ein
ausgesprochenes Glück für uns, denn noch nie waren wir mit einer
Notthafft-Exkursion so spät im Jahr unterwegs, wie heuer. Dies hatte seine
Ursache im Oktoberfest und verschiedenen Messen, während denen man für die
Übernachtung in München erheblich tiefer in die Tasche greifen muss, als
außerhalb dieser Massenveranstaltungen.
Auf der Autobahn war es bis hinter Nürnberg noch ziemlich neblig gewesen. Doch
noch weit vor München klarte es auf und die Sonne ließ sich blicken. Gegen
11.30 Uhr konnte ich im Hotel Kriemhild, das in ruhiger Lage unweit des
ausgedehnten Nymphenburger Schlossparks aber auch nahe an verschiedenen
Trambahnhaltestellen gelegen ist, mein Zimmer beziehen. Per pedes ging es dann
in den nur etwa 100 Meter entfernten "Königlichen Hirschgarten", wo wir uns zur
"Auftakts-Mittagstafel" verabredet hatten. Bei angeregten Gesprächen verging
die Mittagspause im sonnigen Biergarten wie im Flug. Gegen 14.30 Uhr machten
wir uns in Fahrgemeinschaften auf zum Waldfriedhof, wo wir zwei
Notthafft-Gräbern einen Besuch abstatteten.
Gerade im bunten Herbstkleid seiner Bäume vermittelte uns der in den Jahren
1905 bis 1907 nach Plänen des damals führenden Friedhofsarchitekten Hans
Grässel entstandene Friedhof einen unvergesslichen Eindruck. Das erste Grab,
welches wir hier besuchten, ist die Ruhestätte der Familie des Freiherrn Ernst
Albrecht Notthafft von Weißenstein. Neben ihm und seiner Gattin Berta Marie
ruht hier auch deren älteste Tochter, die uns allen unvergessen bleibende Marie
Therese Notthafft Freifrau von Weißenstein. Sie war es, die nach ihrer
Versetzung in den Ruhestand unermüdlich an der Transkription der umfangreichen
Familienchronik ihres Großonkels Franz Notthafft Freiherrn von Weißenstein
arbeitete und dieselbe bis auf ihre Generation ergänzte. Wir hatten das Glück,
dass sie die Notthafft-Exkursionen der Jahre 1998, 2000 und 2001 mit ihrem
umfassenden Wissen um die Familiengeschichte bereichert hat. Unsere Aktivitäten
rund um die Notthafft'sche Familiengeschichte hat sie stets mit Interesse
begleitet und nach Kräften unterstützt. Die schlichte Sandsteinplatte trägt
unter dem Familienwappen folgende Inschriften:
ERNST ALBRECHT
NOTTHAFFT FREIHERR VON WEISSENSTEIN
* 9. 9. 1881 + 5. 5. 1949
BERTA MARIE
NOTTHAFFT FREIFRAU VON WEISSENSTEIN
GEB. FREIIN VON MAUCHENHEIM
GEN. BECHTOLSHEIM
* 31. 1. 1890 + 5. 10. 1982
MARIE THERESE
NOTTHAFFT FREIFRAU VON WEISSENSTEIN
* 22. 3. 1922 + 7.4.2010
Das Grab von Ernst Albrechts Eltern, Benno Notthafft Freiherrn von Weißenstein
und dessen Gemahlin Katharina, geb. Thumer, befand sich auf dem Regensburger
Friedhof und wurde, wie uns Herr von Bechtholsheim berichtete, im 2. Weltkrieg
zerstört.
Das zweite Notthafft-Grab auf dem Waldfriedhof ist - wie uns seine Urenkelinnen
Trudi Graßmann und Eva Sanfilippo zu erzählen wussten - für den am 9. Mai 1910
in München verstorbenen Albrecht Notthafft Freiherrn von Weißenstein und dessen
am 15. Mai 1892 in Würzburg unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommene
Ehefrau Laura, geb. Nobiling, angelegt worden. Ihre Namen sind heute zwar nicht
mehr auf den Inschrifttafeln verzeichnet, doch - so äußerte sich Harald Stark -
könnten diese vielleicht noch auf den nicht sichtbaren Rückseiten derselben zu
lesen sein. Das Grabmal ist von einem Bildstock bekrönt, dessen Gehäuse von
einer gedrehten Säule getragen wird. Das Gehäuse zeigt auf der Vorderseite in
einer flachen Nische das Hüftbild einer Madonna mit Kind. Darunter stehen in
Großbuchstaben die Familiennamen VON NOTTHAFFT und GRASSMANN geschrieben. Im
Sockelbereich sind drei Marmortafeln mit folgenden Namen und Daten eingelassen:
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Die Familiengrabstätte v. Notthafft/Grassmann
auf dem Münchner Waldfriedhof
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Miniatur der Burg Hohenberg a. d. Eger aus dem Jahr 1902 im Besitz der Familie
Grassmann
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Besonders für unseren Forstmann Norbert Reger war es interessant zu hören, dass
Peter Grassmann Förster in Hohenberg an der Eger gewesen war und Dr. Hans
Grassmann dort auch geboren ist, denn von einer Forstdienststelle in diesem Ort
hatte er bisher noch nichts gehört gehabt. Norbert Sack wusste auch, dass schon
1814 Carl Magnus Hutschenreuther bei seinem späteren Schwiegervater, Förster
Reiß, einem gebürtigen Weidenberger, in Hohenberg zu Besuch war. Durch diesen
ergab es sich auch, dass in Hohenberg eine Porzellanfabrik entstand, weil es
gute Tonerde in der Nähe gab. Johanna Reiß, die älteste Tochter des Försters,
wurde später die Frau Hutschenreuthers. Trudi Grassmann hat Harald Stark schon
vor längerer Zeit das Foto einer sehr schönen Miniatur der Burg Hohenberg
zukommen lassen, die an die dortige Tätigkeit ihres Großvaters erinnert.
Angesichts dieser Gräber jüngerer Notthafft'scher Familienmitglieder wurde auch
die Frage nach dem Begräbnisort des Familienchronisten Franz Notthafft Freiherr
von Weissenstein aufgeworfen, die aber weder Dr. Hartmann von Bechtolsheim noch
Harald Stark auf Anhieb beantworten konnten. Nach der von Marie Therese von
Notthafft überarbeiteten Familienchronik starb er am 25. November 1925 in
Eglfing. Wahrscheinlich wurde er zusammen mit seinen Geschwistern in St.
Georgen bei Dießen am Ammersee bestattet. Ob es die dortige Familiengrabstätte
eventuell noch gibt, muss allerdings erst noch geklärt werden.
Den Abend verbrachten wir auf Einladung von Frau Elisabeth Lamberts im
Restaurant Neue Fasanerie am Hartmannshofer Park, wo uns unsere Gastgeberin mit
einem vorzüglichen Menü bewirten ließ, als dessen Hauptgericht wir uns
selbstverständlich eine Fasanenbrust mit Schupfnudeln und Champagnerkraut
schmecken ließen. Es war ein wunderschöner Abend mit vielen interessanten
Gesprächen, für den wir Frau Lamberts den herzlichsten Dank schulden.
Sonntag 21. Oktober 2012:
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Das Antiquarium der Münchner Residenz
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Der Sonntag-Vormittag stand im Zeichen der Münchener Residenz. Der Glanz des
bayerischen Herzogshofes war es, der den Adel und natürlich auch die Familie
von Notthafft einst nach München lockte. Wir danken Frau Dr. Sabine Heym, der
Leiterin der Museumsabteilung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen
Schlösser, Gärten und Seen, dass sie sich dazu bereit erklärt hat, uns
persönlich in den Räumen der Münchener Residenz den Glanz des Hoflebens, das
Hofzeremoniell und die damit verbundenen Aufgaben des Adels näher zu bringen.
Anders, als etwa die Residenz in Würzburg, ist das Münchner Herzogsschloss
nicht aus einem Guss entstanden. Mit der Vereinigung aller im Mittelalter
entstandenen Teilherzogtümer und dem Erlass des Primogeniturgesetzes, wonach
Bayern in Zukunft unteilbar und der männliche Erstgeborene der Regent des
Landes sein sollte, hatte Herzog Albrecht IV. 1506 die Weichen zur Entwicklung
Bayerns zum mächtigsten Territorium Süddeutschlands gestellt. Die Residenz in
München wurde damit zum herrschaftlichen und kulturellen Zentrum des Landes.
Fast jeder Regent fügte dem sich um die ab 1385 entstandene Neuveste
entwickelnden Gebäudekomplex etwas hinzu. Dabei gingen die traditionsbewussten
Wittelsbacher jedoch mit dem Erbe ihrer Vorgänger meist sehr pietätvoll um, so
dass bis heute von der Renaissance bis zum Klassizismus alle
Kunststilrichtungen in der Münchener Residenz vertreten sind.
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Die Estrad im Antiquarium - Schauplatz der offenen Tafel der bayerischen Herzöge
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Als Herzstück der Münchner Residenz kann zweifelsfrei das Antiquarium
bezeichnet werden, das um 1570 als Heimstatt der umfangreichen Antikensammlung
Herzog Albrechts V. errichtet worden ist. Dessen Sohn, Herzog Wilhelm V., ließ
den Sammlungsraum ab 1584 zu einem riesigen Bankett- und Festsaal umgestalten.
Auf einer um 6 Stufen über dem Saal erhöht gelegenen Estrade stand einst die
von einer aus Rotmarmor gefertigten Ballustrade umschrankte Fürstentafel. Hier
pflegte der Herzog die im 16. Jahrhundert an den europäischen Fürstenhöfen
übliche "offene Tafel" zu zelebrieren. Vor den Augen der im Saal versammelten
Hofgesellschaft pflegte der Fürst mit gleichrangigen Mitgliedern seiner Familie
oder hochrangigen Gästen zu speisen. Bedient wurde er dabei von den
ranghöchsten Mitgliedern des Hofstaats. Ganz Bayern sollte hier der
herzoglichen Familie huldigen, denn immerhin schmücken von Hans Donauer 1583
gemalte Ansichten von 102 bayerischen Städten, Märkten, Burgen und Schlössern
die Fensternischen des Antiquariums, das mit seinen 69 Metern Länge als der
größte Renaissancesaal nördlich der Alpen gilt.
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Das innere Audienzzimmer der Reichen Zimmer
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War die Münchener Hofkultur im 16. Jahrhundert besonders am Renaissance-Hof der
Medici in Florenz orientiert, so richtete sich das Zeremoniell seit der 2.
Hälfte des 17. Jahrhunderts nach dem Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. von
Frankreich aus. In den Reichen Zimmern, die der nach der Kaiserwürde strebende
Kurfürst Karl Albrecht um 1730 durch Joseph Effner und François Cuvilliés d. Ä.
neu gestalten ließ, konnte uns Frau Dr. Heym einige sehr interessante Einblicke
in das damalige Hofzeremoniell vermitteln. Herbert Brunner schilderte diese
Räume und ihre Funktion 1960 folgendermaßen:
"Die »grausambe brunst in den neugebaueten Zimmern der Residenz«, 1729,
erforderte schleunigen Ersatz, denn gerade diese Räume im Obergeschoß (über der
Ahnengalerie) galten doch dem seit Louis XIV. gebräuchlichen Hofzeremoniell,
das die Person des Kurfürsten zu umkreisen hatte, sie galten dem streng
geordneten höfischen Tageslauf, der es dem Fürsten auferlegte, sich zwischen
dem feierlichen »Lever« und dem nicht minder solennen »Coucher« —
symbolträchtigen Zeremonien in Gegenwart der höchsten Würdenträger — den
obligaten Konferenzen, Audienzen und so weiter hinzugeben. Francois Cuvilliés
erhielt die Aufgabe der Wiederherstellung, die einer Neugestaltung gleichkam.
So entstanden von 1730 bis 1737 die »Reichen Zimmer«, in denen auch wieder die
Schnitzmeister Miroffsky, Dietrich, Pichler und der Stukkateur Johann Baptist
Zimmermann ihr Wirkungsfeld bekamen. Die neue Raumfolge gipfelt im
Paradeschlafzimmer, dessen Bettapsis mit rotem goldbesticktem Lyoner Samt
ausgeschlagen ist. Die Raumzier behandelt, im Weiß-Gold-Akkord der Schnitzerei
und Stukkatur, das Thema der Jahres- und Tageszeiten, die der fürstlichen
Gnadensonne ihre Huldigung darbringen. Kostbarstes Mobiliar — französische
Kommoden mit chinesischer Lackmalerei, feingeschnitzte Konsoltische, Prunkuhren
und porzellanene Ziergegenstände — erfüllt das Sanctissimum absoluter
Fürstenherrlichkeit. Diesem folgt, gegen Westen, das Geheime Kabinett, ein
Spiegelkabinett, wie es der Illusionismus dieser Zeit liebte, und ein besonders
kostbarer Nebenraum, der als »Miniaturenkabinett« eine Gemäldegalerie en
miniature darbietet. Die Stelle eines Ausgangs besetzte ein großer Spiegel, um
die Raumflucht, die auf der Gegenseite ebenfalls mit einem Spiegel antwortete,
ins Unendliche zu erweitern.
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Das Paradeschlafzimmer der Reichen Zimmer
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Die Vorräume des Paradeschlafzimmers ordnen sich nach hergebrachtem »Kanon«:
vor dem mit rotem Genueser Seidendamast ausgespannten Konferenzzimmer, in dem
»nur Geschäfte von der ersten Wichtigkeit abgehandelt« werden, liegt ein
»Inneres Audienzzimmer«, »da nur Gesandte vom ersten Rang empfangen werden«. In
dieses münden, rechtwinkelig von Norden, die Effnerzimmer mit einem »Äußeren
Audienzzimmer«, dem »gewöhnlichen« (wie Rittershausen berichtet), und der
»Antichambre«. Gegen Osten schließt sich, zunächst in der Flucht der Reichen
Zimmer (also an das Innere Audienzzimmer anstoßend), doch dann gegen Süden
umknickend, die große Gemäldegalerie, »Grüne Galerie« geheißen. Sie erforderte
einen ganz neu errichteten Trakt, der den südlichen Kabinettsgarten hälftete.
Und dieser Galerietrakt, für den Cuvilliés eine seiner feinsten Palastfassaden
ersann, war Eingang in die Reichen Gemächer Carl Albrechts, des
Reichsadministrators und römischen Kaisers. Aus würdevoller, säulenbesetzter
Erdgeschoßhalle leitete ursprünglich eine marmorne Prunktreppe hinauf zur
Grünen Galerie, die mit den Reichen Zimmern verband." (Die Residenz zu
München, Sonderausgabe der Zeitschrift »Bayerland«, München 1960, S. 17)
Bedeutende Besucher wurden vom Kurfürsten also im Konferenzzimmer oder gar im
Paradeschlafzimmer des Kurfürsten empfangen; Gäste von geringerem Rang kamen
höchstens bis in das äußere oder innere Audienzzimmer. Im Rahmen höfischer
Festlichkeiten waren die Reichen Zimmer auch für die höheren Chargen der
Hofgesellschaft geöffnet. Das Personal in den persönlichen Bereichen des
Fürsten, der Fürstin, der Prinzen - sofern sie bereits einen eigenen Hof
hielten - war den Hofmeistern, bzw. Hofmeisterinnen untergeordnet. Den
persönlichen Dienst bei den Mitgliedern der herzoglichen Familie versahen die
adeligen Kämmerer und Hofdamen. Junge Adelige wurden als Kammerjungfrauen oder
Pagen zur Erziehung an den Hof geschickt. Diese und die höchsten Hofbeamten,
wie die Hofmeister und Hofmeisterinnen wohnten in der Residenz in der Nähe der
fürstlichen Personen, für deren Wohlergehen sie verantwortlich waren. Dass um
diese Zeit auch die Familie Notthafft größtes Ansehen am kurfürstlichen Hof
genoss, mag der Umstand erhellen, dass Kurfürst und Erzbischof Joseph Clemens
von Köln und dessen Neffen, der damalige Kurprinz Karl Albrecht und Herzog
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Die Feldherrnhalle am Münchener Odeonsplatz
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Ferdinand Maria von Bayern, im Jahr 1718 für den Generalleutnant Maximilian
Emanuel Notthafft von Weißenstein beim Grafen von Haimhausen als Heiratswerber
auftraten. (BayHStA. München, Notthafft-Lit. 165)
Neben der Ahnengalerie, dem Antiquarium und den Reichen Zimmern hatte uns Frau
Dr. Heym auch in die Trierzimmer, zur Kaisertreppe und in den Kaisersaal der
Residenz geführt. Zweieinhalb Stunden, in denen wir viel Wunderschönes gezeigt
und noch viel mehr Interessantes erzählt bekamen, sind dabei wie im Fluge
vergangen. Wir dankten unserer Führerin und verabschiedeten uns von der
Residenz, um uns beim "Franziskaner" für das Nachmittagsprogramm zu stärken.
Der Nachmittag gehörte dann dem ehemaligen Hausbesitz der Notthaffte und
verwandter Familien. Zunächst warfen wir aber noch einen Blick auf die große
Freifläche des Max-Joseph-Platzes vor der Oper und der Residenz. Bis 1802 stand
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Der Bankpalast der Bayerischen Staatsbank in der Kardinal-Faulhaber-Straße
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hier das Münchner Franziskanerkloster, in dem drei Notthaffte ihre letzte
Ruhestätte gefunden hatten: Die Hofmeisterin Barbara Notthafft, geb. Truchseß
von Waldburg (+ 1531), Maria Juliana Regina Notthafft von Weißenstein (+ 1663)
und Marquard Ludwig Notthafft von Weißenstein (+ 1712). Das unweit davon,
gegenüber der Residenz gelegene Preising-Palais, wurde als Beispiel eines
zumindest von der Fassade her erhalten gebliebenen Adelspalais näher in
Augenschein genommen. Leider war das rekonstruierte, sehr sehenswerte
Treppenhaus am Sonntag verschlossen. Direkt in der Nachbarschaft befindet sich
seit 1844 die Feldherrnhalle, an deren Stelle in bester Lage, in nächster Nähe
zur fürstlichen Residenz und zum Schwabinger Tor, einst ein Palais stand,
welches sich von 1667 bis um 1690 in Notthafft'schem Familienbesitz befand.
Nach einem kurzen Besuch in der Theatiner-Kirche, wo sich 1801 im "Winterchor"
Karl Philipp Notthafft von Weißenstein und Maria Ludowika von Gumppenberg das
Jawort gaben, ging es weiter in die Kardinal-Faulhaber-Straße. Im dortigen
Gebäude der Bayerischen Staatsbank hatte unser hochverehrter Dr. Hartmann Frhr.
von Bechtolsheim gleich links neben dem Eingang sein Büro. Interessanter Weise
war das Vorgängergebäude dieses Bankpalastes einst im Besitz der mit den
Notthafften verschwägerten Grafen von Perusa. Am nahen Promenadenplatz, dort wo
sich heute die Commerzbank befindet, hatte einst der Hofrat Wolf Heinrich
Notthafft Graf von Wernberg seinen Wohnsitz.
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Die Dreifaltigkeitskirche
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Das Alte Rathaus am Münchner Marienplatz mit dem berühmten Glockenspiel
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Die Dreifaltigkeitskirche in der Pacellistraße, die einst auch als
Klosterkirche der Karmelitinnen diente, entstand zwischen 1711 und 1718 an
Stelle eines Hauses, das sich für einige Zeit ebenfalls in den Händen der
Grafen von Perusa befunden hat. Im Münchner Karmelitinnenkloster wirkte Josefa
Antonia Notthafft Gräfin von Wernberg von 1713 bis 1730 als Superiorin. Da in
der Kirche gerade Messe gefeiert wurde, wagten sich nur zwei
Exkursionsteilnehmer ins Innere, während die Übrigen den Ausführungen von
Harald Stark außerhalb der Kirche lauschten. Nach einem kurzen Blick auf den
Turm der Maxburg, der als einziges Relikt von diesem ehemaligen
Wittelsbacher-Schloss übrig geblieben ist, ging es durch die Ettstraße zur
Kaufinger Straße. Unterwegs erzählte uns Frau Lamberts, dass ihr Vater, Ernst
Albrecht Notthafft von Weißenstein, nach dem I. Weltkrieg hier kurzzeitig im
Polizeigefängnis einsitzen musste, weil bei ihm im Zuge einer Personenkontrolle
ein feststehendes Messer gefunden wurde. Am Marienplatz angekommen, fanden wir
Platz im Café
Glockenspiel,
wo wir bei Kaffee und Kuchen sowie hausgemachter Limonade das Turnierstechen
und den Schefflertanz des Glockenspiels in Augenhöhe verfolgen konnten. Beim 2.
Durchgang stieß Caspar Notthafft von Wernberg auf Aholming seinen Gegner vom
Sattel. Der Tag fand seinen würdigen Abschluss wieder im „Königlichen
Hirschgarten“, wo wir uns im kleinen Kreis im warmen Inneren das Abendessen
schmecken ließen.
Montag 22. Oktober 2012:
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Die Regale mit den Notthafft-Urkunden im Magazin des Bayerischen
Hauptstaatsarchivs
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Am Montag trafen wir uns in der Schönfeldstraße um 10.00 Uhr zu einer Führung
durch das Bayerische Hauptstaatsarchiv, wo in der Abteilung I das
Familienarchiv der Notthafft
aufbewahrt wird. Archivrätin Dr. Monika von Walter begrüßte uns sehr herzlich
und führte uns dann in den 2. Stock, wo wir in einem Raum mit alten
Herrscherportraits eine allgemeine Einführung bekamen. Dann hatte sie schon 2
Kisten mit alten Büchern und Dokumenten aus dem Notthafft-Archiv
bereitgestellt. Alle standen nun hochinteressiert um die seltenen Stücke herum,
und warteten gespannt darauf, was in den verschnürten Päckchen oder im
aufgeschlagenen Folianten zum Vorschein kam. Manche Urkunden waren noch recht
gut beisammen samt gut erhaltenen Siegeln. Bei anderen war der Zustand
schlechter und das Siegel in mehrere Teile zerbrochen. Eine Urkunde wurde gar
nicht aufgefaltet, da die Gefahr bestand, dass sie dabei weiter kaputt gehen
könnte. Glücklicherweise existiert von dieser Urkunde eine Abschrift. Bei den
Chroniken
waren natürlich die mit den gemalten Wappen und Figuren die interessantesten.
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Im Magazin für großfarmatige Karten und Pläne
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Die älteste dieser Chroniken ist die 1531 von Pfarrer Rettinger in Aholming
verfasste und behandelt die Wernberger Linie. Diese ist noch in 3 Exemplaren
vorhanden, wovon sich 2 in Familienbesitz befinden. Die beiden anderen reich
bebilderten Familienchroniken verfasste Johann Sigmund Prechtl von Sittenbach
um 1625. Von der Chronik der Weißenstein-Bodensteiner Linie gibt es noch ein
Exemplar im Besitz der Familie, während von der Chronik der Wernberger Linie
nur das eine im Hauptstaatsarchiv sich befindliche Exemplar bekannt ist. Alle 3
genannten Familienchroniken wurden von Harald Stark transkribiert und können
bei Franz Hofmann als Faksimile mit der Stark´schen Abschrift bezogen werden.
Anschließend gingen wir durch den Lesesaal ins Magazin. Im ganzen
Hauptstaatsarchiv mit sämtlichen Außenposten lagern über 50 km Archivalien,
wobei sich der Bestand jährlich um rund 500 m erweitert. Wir besuchten den Ort,
wo die Notthafft-Urkunden lagern - die Dokumente sind in praktischen
Urkundenkisten aus Aluminium in Papierumschlägen verwahrt. Dann enthüllte uns
Frau von Walter die älteste Urkunde im ganzen Archiv. Diese wurde 794
ausgestellt und von Kaiser Karl dem Großen abgezeichnet. Weiter zeigte sie uns
einen Siegeligel; so nennt man Urkunden mit sehr vielen Siegeln - bei dem uns
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Das Stadtschreiberhaus in der Burggasse ist das älteste erhalten gebliebene
Bürgerhaus Münchens
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gezeigten waren es weit über hundert. Zum Abschluss gingen wir noch in die
Plankammer, wo die überformatigen Pläne an verschiebbaren Vorhangstangen an der
Decke hängen. Da gab es zwei Notthafft-Stammbäume in Form eines Pfaus. Diese
beiden Stammbäume sind 1768 in einem uns oben auch vorgelegten Nachlaßinventar
von Runding erwähnt. Es gab sogar einen Stammbaum dort, der bis ins 12.
Jahrhundert zurückreicht - diesen hatte sogar unser Notthafft-Experte Harald
Stark an diesem Tag zum ersten Mal gesehen.
Zum Mittagessen versammelten wir uns im 1. Stock des ältesten noch erhaltenen
Wohngebäudes in München: Dem sogenannten Stadtschreiberhaus in der Burggasse,
das mit seiner bemalten Fassade und den "Ohrwatschelhäuschen" auf dem Dach noch
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Im "Alten Hof", der Innenhof der Münchner Kaiserburg
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einen Eindruck der alten Münchner Bürgerhäuser vermittelt. Hier begrüßt heute
der Stadtwirt Hofer seine Gäste und bewirtet sie mit einheimischen
Spezialitäten. Nur wenige Schritte vom Stadtschreiberhaus führt ein Torturm ins
Innere des Alten Hofes. Ludwig der Strenge hatte diesen Gebäudekomplex bald
nach 1255 als erste Wittelsbachische Residenz im Münchner Stadtgebiet
gegründet. Da Kaiser Ludwig der Bayer (1328 - 1347) sich hier am liebsten
aufhielt und sich mit diesem Titel sicher auch besser werben lässt, wird der
"Alte Hof" heutzutage als "Münchner Kaiserburg" bezeichnet. Viel ist von seiner
alten Pracht jedoch nicht mehr übrig geblieben. Ein Teil des Gebäudekomplexes
dient heute - betitelt in gediegendstem "Denglisch" - als "infopoint museen &
schlösser in bayern". In der Tat ist ein Besuch dieses Informationszentrums
absolut lohnend. Denn man erhält dort nicht nur aktuelles und umfassendes
Material zum Museums- und Schlösserland Bayern sondern findet in den
historischen Gewölben des Untergeschosses eine interessante Ausstellung und
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Auf dem polygonalen Geschützturm des Isartors ist das Notthafft-Wappen zu sehen
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sehenswerte Tonbildschauen zur Geschichte Münchens und des Alten Hofes. Nach
dem Motto "In der Kürze liegt die Würze" erhalten Touristen und Einheimische
wissenswertes über die Hauptstadt Bayerns vermittelt.
Vis á vis des Alten Hofes hatte Herzog Albrecht V. in den Jahren 1563 bis 1567
das Marstall- und Kunstkammergebäude errichtet, ab 1809 diente das Gebäude als
Münze und heute befindet sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpfege in
seinen Mauern. Wir bewunderten den Renaissance-Innenhof der "Alten Münze" mit
seinen sich über drei Etagen erstreckenden Arkaden und Laubengängen. Als
nächste Station wurde das "Platzl" angesteuert, wo im Bereich des heutigen
Orlando-Hauses einst der berühmte Hofkapellmeister Orlando di Lasso und der
Hofmaler Peter Candid wohnten. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war auch dieses
Gebäude für einige Jahre in den Händen der schon bekannten Grafen von Perusa.
Seinen Abschluss fand die Notthafft-Spurensuche in München beim Isartor. Dieses
1833 in historischen Formen wiederhergestellte Bauwerk wurde nicht allein mit
einem großen Fresko, welches den Einzug Ludwigs des Bayern nach dem Sieg von
Mühldorf und Ampfing in die jubelnde Stadt München zeigt, sondern auch mit den
Wappen der Adelsgeschlechter, Städte und Märkte, die an diesem Sieg Anteil
hatten, geschmückt. Am südwestlichen Flankierungsturm der Barbakane findet sich
auch das Notthafft'sche Wappenschild als Mosaik ausgeführt.
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